Elektronische Gesundheitskarte, Apps und Fitness-Tracker: Wie digitale Innovationen die Medizin und das Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten verändern
Ein Arztbesuch vor dem Computer und eine zertifizierte App, die als Behandlung verordnet wird. Im Krankenhaus plant der Arzt die OP auf einem Tablet und ruft die elektronische Krankenakte des Patienten auf: So wie der digitale Wandel unser alltägliches Leben verändert, wandelt er auch die Arbeitskultur in der Medizin. Inwiefern wird sich das auf den Alltag in den Krankenhäusern und Kliniken auswirken? arzt & karriere wagt einen Blick in die nahe Zukunft.
Angefangen mit der elektronischen Gesundheitskarte, die alle Patienten spätestens seit Anfang 2015 haben müssen, tritt dieses Jahr auch das E-Health-Gesetz in Kraft. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass bis Mitte des Jahres 2018 alle Arztpraxen und Krankenhäuser durch die sogenannte Telematik-Infrastruktur miteinander vernetzt werden. Schon bis Herbst dieses Jahres sollen Patienten, die drei oder mehr Medikamente einnehmen, Anspruch auf einen schriftlichen Medikationsplan haben. Bis 2019 soll dieser dann auch elektronisch abrufbar sein. Die elektronischen Arztbriefe werden nächstes Jahr für Krankenhäuser erstmals mit einem Euro gefördert, unter der Voraussetzung, dass der Arzt dabei die qualifizierte elektronische Signatur nutzt. Ab Mitte 2018 werden Ärzte, die diese Art des Arztbriefes nicht verwenden, sogar mit einer Kürzung der Vergütung rechnen müssen.
Die Digitalisierung in der Medizin ist jedoch nicht nur durch das neue E-Health-Gesetz präsent – jeder spielt, beispielsweise durch die Nutzung von Fitness-Apps oder Gesundheitstracker, im digitalen Wandel eine wichtige Rolle. Wearables und neue „Activity Trackers“ dokumentieren Sportaktivitäten und Ernährungsgewohnheiten und liefern so ein Gesamtbild der körperlichen Fitness. Diese Entwicklung wird natürlich auch kontrovers diskutiert: Fragen zum Datenschutz sind bisher nicht eindeutig geklärt, zudem sind viele der Apps medizinisch nicht zertifiziert. Dennoch tragen die Innovationen schon jetzt zu einer Veränderung des Arzt-Patienten-Verhältnisses bei: Für Ärzte kann es durchaus hilfreich sein, wenn Patienten mithilfe von digitalen Medien zum Beispiel Blutdruckwerte oder Asthmaanfälle aufzeichnen. So können sie den aktuellen Zustand einer bestimmten Krankheit oder den Therapieverlauf besser beurteilen.
Das Verhältnis von Arzt und Patient verändert sich im Zuge der Digitalisierung
Der Patient von heute ist schon gesundheitsbewusster geworden: Er nutzt die Möglichkeiten der digitalen Welt, um sich über Krankheiten zu informieren. Ärzte werden in Zukunft immer häufiger mit gut aufgeklärten Patienten arbeiten, die konkrete Fragen mitbringen und ihre eigene Behandlung mitgestalten wollen – die aber mitunter auch durch fehlrecherchierte Informationen verwirrt sind. Am Ende bleibt es die Aufgabe der Ärzte, eine adäquate Diagnose zu stellen und Missverständnisse zu klären – denn die Digitalisierung ersetzt keine Menschen.
Für den Klinikalltag birgt die digitale Transformation viele Chancen, aber auch Herausforderungen – Chancen durch die Effizienz und den schnellen Zugriff auf Daten über elektronische Patientenakten, denn dadurch werden große Datenmengen, die den Kliniken vorliegen, übersichtlicher. Außerdem können neue Befunde und Laborwerte der Patienten schneller und einfacher in den elektronischen Akten eingegeben als auch abgerufen werden – das spart Zeit und Kosten und stellt auch einen geringeren Verwaltungsakt für das Krankenhauspersonal dar. Die Herausforderung besteht zukünftig vor allem darin, die Mitarbeiter dahingehend zu schulen, mit den neuen Systemen umzugehen.
Die Digitalisierung verändert aber nicht nur den administrativen Bereich des Krankenhauses. Mittlerweile werden in einigen Krankenhäusern neue digitale OP-Management-Systeme eingeführt, die vor allem junge Chirurgen während des Eingriffes unterstützen: Dabei beschreibt eine Stimme aus dem Computer den OP-Schritt, der als nächstes ausgeführt werden soll und was bei dem Eingriff genau zu beachten ist.
Digitale Innovationen ermöglichen besseren Informationsaustausch und sinnvolle Kommunikation
Positiv ist die Digitalisierung auch für die Patientenversorgung durch die sinnvolle Verknüpfung von Daten und den Informationsaustausch zwischen Ärzten und Gesundheitseinrichtungen. Wenn Patienten zum Beispiel zu einem neuen Arzt überwiesen werden, kann dieser schneller einen Überblick über den Krankheitsverlauf und auch über die bereits durchgeführten Behandlungen erhalten. So kann er sich auch besser auf den Patienten vorbereiten. Dasselbe gilt auch für die Versorgungsforschung, wie es in Universitätskliniken der Fall ist. Die digitale Speicherung der Patientenbefunde bietet einen immer größer werdenden Umfang von Untersuchungsdaten, die für die Forschung sehr wertvoll sind.
Die Digitalisierung in der Medizin ist ein komplexer Prozess. Speziell für Kliniken fehlt es derzeit aber noch an strategischen Umsetzungsmaßnahmen für die Umstellung auf digital. Zudem ist auch in diesem Bereich der Datenschutz ein kontroverses Thema. Unabhängig davon wird trotzdem deutlich: Die Arbeit des Personals im Krankenhaus kann durch neue IT- und Software-Lösungen effizienter und einfacher werden, denn eines ist und bleibt sicher: Ein Entkommen vor der digitalen Transformation gibt es nicht mehr – auch nicht in der Klinik.
Mehr zu Digital: Best Practice finden Sie unter: arztundkarriere.com/digital-best-practice