Kardiologen beschäftigen sich mit dem zentralen Bestandteil des menschlichen Körpers: Dem Herz. Allerdings beschränkt sich ihr Aufgabenbereich nicht nur auf Katheterlegen und Medikamentenverschreibung. Was die fachärztliche Weiterbildung in der Kardiologie besonders spannend macht, erklärt Dr. med. Norbert Smetak vom Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK).
Herr Smetak, was spricht Ihrer Meinung nach für eine Weiterbildung im Bereich der Kardiologie?
Das Herz ist ein wichtiges Organ, das wir mittlerweile sehr gut verstehen, weshalb wir dann oft auch sehr gute innovative Behandlungsmöglichkeiten haben. Andererseits ist die Kardiologie ein überschaubares Gebiet, was einem die Möglichkeit bietet, es umfassend zu verstehen.
Welche Eigenschaften, die über fachliche Expertise hinausgehen, machen einen guten Kardiologen aus?Da Herzerkrankungen oder -funktionsstörungen, selbst wenn sie nicht lebensgefährlich sind, bei den Patienten oft große Ängste auslösen, ist es wichtig, die Menschen ernst zu nehmen und auf ihre Sorgen einzugehen. Empathie ist daher unabdingbar, ebenso wie die Fähigkeit, gedanklich schnell und flexibel zu sein.
Wie sieht der Nachwuchsbedarf in Ihrem Fachbereich aus?
Über die generelle Altersstruktur innerhalb der Kardiologie haben wir zwar keine verlässlichen Informationen, da wir nur die niedergelassenen Kardiologen vertreten, insgesamt ist aber bei allen Facharztgruppen inzwischen eine deutliche Überalterung sichtbar.
Durch den medizinischen Fortschritt wird dieGesamtbevölkerung zwar immer älter, allerdings gehen damit auch mehr langfristige Erkrankungen einher, die eine stetige Behandlung erfordern. Daher wird der Bedarf auch in der Kardiologie, die sich inzwischen mit denzukünftigen Volkskrankheiten beschäftigt,immens zunehmen.
Wie kann ein angehender Mediziner erkennen, ob es sich bei der Klinik um eine passende Weiterbildungsstelle handelt?
Den besten Einblick gewinnt man durch den Kontakt zu Ärzten, die noch in dieser Klinik sind – oder vielleicht sogar noch besser, zu ehemalig dort Beschäftigten. Strebt man eine wissenschaftliche Karriere an, kann man sich natürlich auch an den Veröffentlichungenorientieren, die aus dieser Klinik stammen.
Welche medizinischen Fortschritte werden auf dem Gebiet der Kardiologie erzielt?
Die kontinuierliche Verlängerung der Lebenserwartung der Menschen in Deutschland in den letzten 20 bis 30 Jahren geht zu einem überwiegenden Teil auf die Erfolge der Kardiologie zurück.
Es gibt ständige Fortschritte in der Behandlung der Herzinsuffizienz, sowohl medikamentös als auch mit Devices. Die interventionelle Kardiologie (sowohl der Koronarien als auch der Vitien und der Rhythmusstörungen) entwickelt sich stetig weiter und ständig werden neue Methoden erforscht. Auch Künstliche Intelligenz wird in der Analyse von EKGs und Herzrhythmusstörungen eine Rolle spielen sowie im weiteren Verlauf in der Interpretation von Befunden der bildgebenden Verfahren (Echo, CT und MRT). Da die Kardiologie jetzt schon sehr auf IT setzt, ist eine zusätzliche Weiterbildung nicht erforderlich. KI wird den Kardiologen der Zukunft zwar in der Diagnostik unterstützen, aber niemals ersetzen.
In welchem Umfang ist eine ausgewogene Work-Life-Balance in der Kardiologie möglich?
Eine fehlende Work-Life-Balance ist ein großer Nachteil der Kardiologie. Die Schlagzahl in den Kliniken ist überall hoch. Zwar konnten wir der Überlastung infolge von Änderungen im EU-Arbeitsrecht entgegenwirken, allerdings kommen beispielsweise Teilzeitmodelle erst ganz allmählich auch in unserem Fachbereich an.
Kann man sich als Kardiologe auch selbstständig machen, etwa in Form einer eigenen Praxis?
Die Chancen einer Praxisneugründung stehen allgemein schlecht, da die Bedarfszahlen veraltet sind und demnach nahezu alle Gebiete rein rechnerisch überversorgt sind. Für Praxisübernahmen stehen die Chancen jedoch weiterhin gut.
Woran liegt es, dass keine aktuellen Zahlen verwendet werden?
Die Zahlen sind zwar vor kurzem vom Gemeinsamen Bundesausschuss neu festgelegt worden, orientieren sich aber immer noch hauptsächlich an alten Zahlen, da ein sinnvolles Konzept nicht darstellbar war. Außerdem ist es zu einer Quotenlösung für Facharztinternisten gekommen, das heißt, eine prozentuale Verteilung legt fest, welche Fachgruppe wie viele Sitze bekommt.
Worauf kann man sich innerhalb der Kardiologie spezialisieren?
Für Klinikkardiologen sind dies die Interventionen an Koronarien, Vitien und Rhythmusstörungen. In der Praxis sind dies eher die Behandlung von Herzinsuffizienz, Hypertonie und Brustschmerz-Ambulanzen.Ein neues Gebiet ist die Psycho-Kardiologie, die eine Verknüpfung zwischen Herz und Psyche herstellt: Sei es, dass Patienten keine auffälligen organische Befunde aufweisen, aber dennoch stark leiden, oder dass sie schwer herzkrank sind und deshalb Probleme haben, beispielsweise Träger von implantierten Defibrillatoren. Als Kardiologe kann man sich in verschiedenen Curricula psychokardiologisch weiterbilden.
Welche Themen werden derzeit besonders viel diskutiert?
Insbesondere die medikamentöse Behandlung von Herzinsuffizienz sowie interventioneller oder operativer Ersatz der Aortenklappe. Darüber hinaus die Frage, wann und welche Herzrhythmusstörungen interventionell behandelt werden sollten.
Welche falschen Vorurteile gibt es gegenüber Kardiologen?
Dass Kardiologen zu viele Herzkatheter machen und alle steinreich werden. Zum ersten Punkt hat der BNK mittlerweile das weltweit größte Register zur Qualitätssicherung (QuIK), womit diese Annahme widerlegt werden kann. Zum zweiten Punkt: Wenn jemand nicht wirtschaften kann, gibt es auch bei Kardiologen gescheiterte Praxen.
Welche Nachwuchsförderprogramme bietet der BNK an?
Im BNK entsteht derzeit eine Arbeitsgruppe, die Klinikärzten Einblicke in die Arbeit eines niedergelassenen Kardiologengewähren will.
Dr. med. Norbert Smetak ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Angiologie und Kardiologie und arbeitet als niedergelassener Kardiologe in einer Gemeinschaftspraxis. Darüber hinaus ist er Bundesvorsitzender des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen e.V. (BNK).
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