Wie würden Sie genau vorgehen, wenn Sie Hausärztin wären und eine eigene Arztpraxis gründen wollen würden? Diese und andere Fragen hat Farieda Esmaty, Abteilungsdirektorin in der apoBank München und Expertin für die ärztliche Niederlassung, in ihrem Erfahrungsbericht beantwortet. Dort gibt sie hilfreiche Tipps zum Ablauf der Praxisgründung, zu Fördermöglichkeiten, der Standortwahl und der Wirtschaftlichkeit von Arztpraxen.
Seit 119 Jahren unterstützt und berät die apoBank Ärztinnen und Ärzte bei der Gründung oder der Übernahme einer Praxis. Unsere Unterstützung ist dabei sehr umfangreich. Sie beginnt bereits beim ersten Gespräch, in dem die Ärztin oder der Arzt uns einfach nur das individuelle Vorhaben, sich niederzulassen, schildert. Hier können gleich die ersten Fragen gestellt werden, die ihn oder sie direkt zu Beginn beschäftigen. Wir haben auf fast alles eine Antwort und viele hilfreiche Tools, Checklisten, eine Praxisbörse sowie Webinare zur Existenzgründung. Seit letztem Jahr bieten wir zusätzlich das nötige Basiswissen rund um die Praxisgründung in Form eines digitalen, mehrteiligen Leitfadens an. Praxisgründer können sich daran Schritt für Schritt orientieren und den gesamten Niederlassungsprozess strukturiert durchlaufen. Das spart Zeit, weil sich dadurch das Zusammensuchen von Informationen erübrigt, und sorgt für guten Überblick. Der Leitfaden kann auf unseren Internetseiten angefordert werden, wo sich auch darüber hinaus jede Menge Tipps und Informationen zur Praxisgründung befinden, wie beispielsweise über verschiedene Niederlassungsformen, nötige Investitionskosten oder die Gründungserfahrungen anderer Ärztinnen und Ärzte.
Wie wirtschaftlich ist eine Arztpraxis?
Die Verdienstmöglichkeiten für niedergelassene Ärzte sind nach wie vor sehr attraktiv. Natürlich hängen sie auch von äußeren Faktoren ab, wie Fachrichtung oder Standort. Aber auch in der stationären Versorgung gibt es Unterschiede bei den Gehältern, je nach Krankenhausträger. Betrachten wir beispielsweise den Verdienst eines Oberarztes, der im Schnitt etwa 110.000 bis 120.000 Euro im Jahr beträgt, steht demgegenüber ein durchschnittlicher Praxisüberschuss von 180.000 Euro.
Natürlich braucht man für das erfolgreiche Führen einer Praxis etwas organisatorisches Geschick und einige betriebswirtschaftliche Kenntnisse, aber die kann man erlernen. Unternehmer sein ist in erster Linie eine Frage der Einstellung und des Willens, etwas selbst gestalten zu wollen, nach eigenen Vorstellungen und Wünschen. Entsprechend ist die Motivation, unternehmerisch tätig zu sein, heute genau dieselbe wie früher, aber einige Faktoren für eine erfolgreiche Praxis haben sich auf jeden Fall geändert – beispielsweise durch die Digitalisierung.
Wenn Ärzte kurz prüfen wollen, wieviel Unternehmer in ihnen steckt, haben wir eigens dafür den sogenannten Gründer CheckUp entwickelt. Es ist das erste speziell für die Situation der akademischen Heilberufler angepasste Self-Assessment-Tool und kann bei der Entscheidung für eine eigene Praxis unterstützen.
Da wir mit einem speziell für Ärzt:innen entwickelten Programm eine Praxisgründung quasi simulieren können, ist das Insolvenzrisiko einer ärztlichen Existenzgründung, die mit uns erfolgt, sehr gering. Unsere Zahlen zeigen, dass 998 von 1.000 Existenzgründungsfinanzierungen problemlos bedient werden können. Und wenn es tatsächlich zu Schwierigkeiten kommen sollte, dann sind die Gründe dafür in der Regel privater Natur.
Bereits vor der Gründung können wir ziemlich genau errechnen, welche Gesamteinnahmen erforderlich sind, um die Vorstellungen der Ärztin oder des Arztes hinsichtlich Praxisinvestitionen und privater Lebenshaltung realisieren zu können. Wir können abschätzen, ob die errechneten Gesamteinnahmen bei genauer Analyse der Konkurrenzlage am möglichen Standort zu erzielen sein werden.
Wie hoch das Investitionsvolumen ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem der Fachrichtung, dem Standort oder der Niederlassungsart. Am häufigsten lassen sich Ärzte in einer Einzelpraxis nieder, indem sie eine bereits bestehende Praxis übernehmen. Unsere Analysen für 2019/2020 zeigen hier große Unterschiede: Während Hausärzte dafür im Schnitt rund 170.000 Euro ausgaben, waren es bei Frauenärzten gut 300.000 Euro und bei Orthopäden sogar über 400.000 Euro. Die Niederlassung in einer psychotherapeutischen Praxis bedurfte dagegen im Durchschnitt lediglich knapp über 50.000 Euro an Investitionen.
Ländliche Arztpraxis: Niederlassung mit Chancen
Standortwahl: Niederlassung im ländlichen Raum lohnt sich
Der Standort spielt deshalb gerade bei ärztlicher Niederlassung eine wesentliche Rolle, weil Medizin „local business“ ist. Und auch wenn die Auswahl durch die Bedarfsplanung der Arztsitze schon sehr eingeschränkt ist, ist eine Standortanalyse ein Muss, um die wirtschaftliche Perspektive der Praxis einschätzen zu können. Sie betrifft sowohl das medizinische Umfeld, also die ärztliche Versorgung in der Umgebung, als auch die Infrastruktur des Gebietes, wie Verkehrsverbindungen, Geschäfte oder Pendlervolumen. Wichtig ist ebenfalls die Prognose zur zukünftigen Entwicklung, die beispielsweise anhand der Bevölkerungsstruktur ermittelt werden kann, denn die Praxis soll viele Jahre erfolgreich geführt werden.
Interessanterweise ist das Dilemma, nicht genug niedergelassene Ärzte auf dem Land zu haben, weniger wirtschaftlicher Natur, sondern hängt viel mehr mit den eingeschränkten Möglichkeiten zusammen, die eine ländliche Infrastruktur bietet. Denn die ökonomischen Zahlen zeigen, dass niedergelassene Ärzte auf dem Land im Schnitt oft höhere Überschüsse erzielen als in den Städten.
Darüber hinaus fördert heute fast jede Kassenärztliche Vereinigung in Deutschland die Praxisgründung im ländlichen Raum, auch Förder- und Landesbanken, Kommunen, Landkreise und Landesregierungen sind beteiligt. Um die ärztliche Versorgung zum Beispiel in Bayern sicherzustellen und die Niederlassung in ländlichen Regionen attraktiver zu gestalten, bietet die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns verschiedene Fördermöglichkeiten an: Einerseits bezuschusst sie die Niederlassung in unterversorgten Gebieten – der Förderrahmen beträgt für Haus- oder Fachärzte bis zu 90.000 Euro und für Psychotherapeuten bis zu 30.000 Euro. Andererseits gewährt sie eine Praxisaufbauförderung, mit der zwei Jahre lang eine Differenz zwischen individuellem Honorarumsatz und 85 Prozent des durchschnittlichen, der Fachgruppe entsprechenden Umsatzes ausgeglichen werden kann. Darüber hinaus unterstützt auch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit die ärztliche Niederlassung im ländlichen Raum des Freistaats mit einer Landarztprämie bis zu 60.000 Euro. In allen Fällen muss sich die Ärztin oder der Arzt im Gegenzug verpflichten, dort mindestens fünf Jahre vertragsärztlich tätig zu sein.
Weil die Konkurrenz fehlt, ist im Vergleich zur Stadt die Bindung zu den Patienten auf dem Land in der Regel langfristiger und enger, die Patienten sind im Schnitt älter und Hausbesuche häufiger. Das flächenmäßig benötigte Einzugsgebiet, um eine Praxis wirtschaftlich betreiben zu können, ist größer, je ländlicher es ist, da die Einwohnerdichte geringer wird. Entsprechend findet man auch auf dem Land eher Hausarzt- und seltener Facharztpraxen.
Um dem Ärztemangel auf dem Land zu begegnen, wurde neben zahlreichen finanziellen Fördermaßnahmen – während des Studiums, der Weiterbildung sowie bei der Niederlassung – unter anderen von einigen Ländern die Landarzt-Quote eingeführt. Bisher haben noch nicht alle Maßnahmen ihre Potenziale voll entfalten können. Die ersten Medizinstudent:innen, die sich verpflichtet haben, auf dem Land zu arbeiten, befinden sich noch im Studium. Mit Sicherheit wird in naher Zukunft die Digitalisierung durch die neuen Vernetzungs- und Kommunikationswege die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen erleichtern. Zunehmend übernehmen auch angestellte Ärzte die Gesundheitsversorgung auf dem Land: Der Anteil der Medizinischen Versorgungszentren in ländlichen Gemeinden beträgt inzwischen 14 Prozent.
Wenn ich eine Arztpraxis gründen würde…
Wenn ich selbst Hausärztin wäre und mir gut vorstellen könnte, mich mit einer Landarztpraxis niederzulassen, würde ich mir zunächst ein Gründungskonzept überlegen, um mir über meine eigenen Vorstellungen und Wünsche klar zu werden. Wo genau möchte ich mich niederlassen? Möchte ich eine Praxis übernehmen oder neu gründen? Will ich in Voll- oder Teilzeit arbeiten? Gibt es bestimmte Behandlungsschwerpunkte, die ich gerne anbieten würde?
Mit diesen Überlegungen würde ich eine apoBank-Filiale aufsuchen, denn ich hätte gerne einen kompetenten Partner mit Expertise bei Praxisgründungen, der mich bei diesem Schritt begleitet und möglichst Beratung aus einer Hand bietet. So müsste ich nicht selbst die verschiedenen Zuschüsse und Förderungen der Niederlassung auf dem Land prüfen. Auch eine genaue Standortanalyse und eine Prognose über die Wirtschaftlichkeit meines Vorhabens kann die apoBank über die branchenspezifische Auswertung liefern.
Wenn die Wunschpraxis gefunden ist, muss die Planung weiter ins Detail gehen und ein Businessplan erstellt werden. Hier werden Rechtsanwält:innen und Steuerberater:innen, die auf Medizinrecht spezialisiert sind, benötigt, doch auch hier würde ich einfach auf das apoBank-Netzwerk zugreifen.
Es wäre beruhigend zu wissen, dass ich mit meinem apoBank-Berater immer jemanden an der Seite habe, an den ich mich mit Fragen rund um die Niederlassung, aber auch später zur Praxisführung wenden kann. Neben der soliden Finanzierung der Praxis fände ich auch eine langfristige ganzheitliche Vermögensplanung wichtig, dass gäbe mir ein gutes Gefühl.
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Farieda Esmaty ist studierte Bankbetriebswirtin. Mit dem Wechsel zur Deutschen Apotheker- und Ärztebank im Jahr 2018 brachte sie 17 Jahre Berufserfahrung aus dem Anlage- und Kreditbereich mit. Als Abteilungsdirektorin und Filialleiterin Private Banking berät sie mit ihrem Team Heilberufler in allen finanziellen Angelegenheiten – sei es bei der Praxisgründung oder -erweiterung, sei es bei Vermögensplanung oder rund um das Thema Absicherung.