Beitrag vom 14. Februar 2020
Eine schnelle Lösung bei neuen Krankheiten? Leichter gesagt als getan. Denn die Entwicklung von zum Beispiel einem neuen Impfstoff kann sich über einen längeren Zeitraum hinziehen, bevor er zugelassen wird und zum Einsatz kommt. Was alles dazu gehört und wie viele Tests und Phasen der spätere Impfstoff durchlaufen muss, gibt es hier zum Nachlesen.
Die Entwicklung von Impfstoffen unterliegt ähnlich strengen Grundsätzen wie die von Arzneimitteln. Allerdings müssen Impfstoffe im Vergleich zu anderen Arzneimitteln zusätzliche Anforderungen erfüllen, da sie vor allem gesunden Personen, einschließlich Säuglingen und Kleinkindern, verabreicht werden. Ihr eigentlicher Zweck ist die Vorbeugung einer Erkrankung und nicht die Therapie. Dies setzt der Akzeptanz von Nebenwirkungen klare Grenzen.
Einen wirksamen und sicheren Impfstoff gegen ein neues Virus herzustellen, ist ein langwieriger und aufwendiger Prozess. Im Schnitt kann man von der Erforschung bis zur Zulassung mit einem Zeitraum von circa zehn bis zwölf Jahren rechnen. Geht man zu Beginn der Forschung im Labor von 10.000 Kandidatensubstanzen aus (Screening Phase), gelangen aufgrund der hohen Anforderungen an die Qualität des Arzneimittels nur circa 250 davon in die präklinische Phase. Vielleicht fünf davon gehen in die klinische Entwicklung (Phase 1-3). Ist diese für einen Kandidaten erfolgreich, können die Daten für eine Zulassung bei den Gesundheitsbehörden eingereicht werden. Nach der erfolgreichen Zulassung durch die Behörden, darf ein Impfstoff verkauft werden.
Die Entwicklung von Impfstoffen lässt sich im Detail in die fünf folgenden Schritte unterteilen:
- Screening Phase:
Die Impfstoffentwicklung beginnt im Labor, wo Impfstoffkandidaten verschiedene Tests durchlaufen, um vielversprechende Substanzen und Moleküle zu identifizieren. - Präklinische Entwicklung:
Die identifizierten Kandidaten werden im Tiermodell getestet. Hier werden erste Informationen zur Wirksamkeit, Immunogenität und Sicherheit generiert. - Klinische Entwicklung:
Hat sich ein Impfstoffkandidat bewährt, beginnen die Planungen für die klinischen Studien an freiwilligen gesunden Probanden. Das klinische Entwicklungsprogramm setzt sich (wie bei Arzneimitteln) aus drei Phasen zusammen. Schon während dieser Phasen stehen die Firmen im engen Austausch mit den Gesundheitsbehörden, um einen Impfstoff so effizient und passend wie möglich zu entwickeln und das Risiko für die Freiwilligen zu minimieren.- Phase 1
Ein neuer Impfstoff wird zunächst in einer sehr kleinen Gruppe von freiwilligen Probanden getestet (<100), um größere Sicherheitsprobleme auszuschließen und den Ärzten zu helfen, die richtige Dosis zu ermitteln. Diese Phase kann sich über mehrere Jahre erstrecken. - Phase 2
Hier wird der Impfstoff in einer größeren Gruppe Freiwilliger getestet (<1.000). Dabei wird hauptsächlich die finale Konzentration des Wirkstoffs ermittelt sowie die Anzahl der Impfungen, die nötig ist, bis ein Schutz aufgebaut ist. Die Ärzte achten hier auch auf seltener auftretende potenzielle Nebenwirkungen. Auch diese Phase kann mehrere Jahre dauern. - Phase 3
Dann wird der Impfstoff über einen bestimmten Zeitraum (oft vier bis sieben Jahre) an mehreren tausend gesunden Freiwilligen getestet. Es werden mehrere Dinge untersucht:- a) ob der Impfstoff vor einer natürlichen Infektion schützt,
- b) der Impfstoff Patienten besser versorgt als bereits zugelassene und etablierte Verfahren (Standard of Care),
- c) es keine Wechselwirkungen mit Impfstoffen gegen andere Erkrankungen gibt, die vom Arzt zeitgleich verabreicht werden könnten und
- d) ob sehr seltene Nebenwirkungen auftreten könnten,
- e) Impfstoffe zählen zu den Biologika und sind hochkomplexe Arzneimittel. Sie stammen von den Viren, Bakterien oder deren Toxinen ab, die die Krankheit auslösen und gegen die ein Impfstoff schützen soll. Biologika sind nicht leicht herzustellen. Darum beinhaltet die Phase 3 auch sogenannte „lot to lot consistency“-Studien. Diese belegen, dass verschiedene Herstellungschargen vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit haben.
- Phase 1
- Zulassung:
Nur wenn die klinische Entwicklung der Phasen 1-3 erfolgreich verläuft, können die Daten für eine Zulassung bei den Gesundheitsbehörden eingereicht werden. Wenn die Daten umfassend genug sind, um die Wirksamkeit und Sicherheit zu belegen, erfolgt die Zulassung seitens der Gesundheitsbehörden. Der Prozess der Zulassung dauert circa ein Jahr. Die Zulassung muss bei den Gesundheitsbehörden jeden Landes einzeln beantragt werden. Es gibt aber auch Länder wie die EU, die diesen Prozess durch eine gemeinsame Behörde zusammengelegt haben. - Ständige Überwachung:
Auch nach der Zulassung unterliegen Impfstoffe regelmäßigen Kontrollen und ihre Sicherheit wird laufend in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden überwacht. So muss beispielsweise jede neue Impfstoff-Charge vor dem Verkauf durch die Behörden freigegeben werden. Kommt es beispielsweise zu Nebenwirkungen im Zuge einer Impfung, müssen diese an die zuständigen Bundesoberbehörden Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) sowie das Paul Ehrlich Institut (PEI) und an das herstellende Unternehmen gemeldet werden. Der Hersteller ist verpflichtet, diesen Verdachtsfällen gründlich nachzugehen.
Insgesamt bedarf es für die Entwicklung eines neuen Impfstoffs der Zusammenarbeit verschiedenster Experten innerhalb des herstellenden Unternehmens, darunter den Abteilungen Forschung und Entwicklung, Produktion, Qualitätskontrolle und Zulassung. Nicht selten sind bis zu 1.000 Personen aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt an der Entwicklung eines Impfstoffs beteiligt. Wie schon oben beschrieben spielen aber auch die Gesundheitsbehörden der einzelnen Länder eine wichtige Rolle, sowohl während der Entwicklung als auch bei der finalen Zulassung und der anschließenden Überwachung.
Weitere Informationen gibt es in diesem Video:
Vielen Dank an die Firma Pfizer, die uns einen Einblick in die Herstellung eines Impfstoffes gewährt hat!
Wer sich dafür interessiert, auf welchem Listenplatz er oder sie beim Impfplan der Bundesregierung steht, kann den Impfrechner von zwei Studenten der TU Wien ausprobieren.
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