Viele Ärzte und Ärztinnen träumen von der eigenen Praxis. Doch dieser Schritt ist groß, manchmal abschreckend, und will gut vorbereitet sein. Moritz Titze von der Deutschen Ärzte Finanz erklärt, wie eine Praxisgründung abläuft und welche Faktoren dabei eine besonders große Rolle spielen. Wie die DÄF dabei unterstützen kann und warum die professionelle Beratung ein Investment in die eigene Zukunft ist, lesen Sie im Interview.
Wie genau unterstützen Sie Ärzt:innen bei der Gründung oder Übernahme einer Praxis?
Die Niederlassungsberatung für Ärztinnen und Ärzte ist bei der Deutschen Ärzte Finanz (DÄF) ein gesondertes Geschäftsfeld. Unsere Repräsentant:innen sind hierfür speziell ausgebildet, unter anderem mit einem Studienprogramm zur Ausbildung von zertifizierten betriebswirtschaftlichen Berater:innen für akademische Heilberufe.
Unsere Beratungsleistung umfasst sämtliche notwendigen Bereiche: Planung und Vorbereitung, Praxissuche und -vermittlung, Finanz- und Liquiditätsplanung, persönliche Umsetzungsbegleitung, Finanzierungsberatung und Risikoanalyse. Bei Bedarf profitieren wir vom großen Netzwerk der DÄF und können Kooperationspartner wie Anwälte oder Steuerberater hinzuziehen.
Wie wirtschaftlich ist nach Ihrer Erfahrung heute die Gründung einer Arztpraxis im Vergleich zu früher?
Diese Frage wird mit den Ärztinnen und Ärzten zu Beginn auf Grundlage ihrer jeweiligen individuellen Voraussetzungen besprochen, da es eine wichtige Entscheidungsgrundlage für eine Niederlassung ist. Generell kann man nicht von geringeren Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu „früher“ sprechen.
Auch wenn eine pauschale Aussage wegen der vielen relevanten Einflussfaktoren nur schwer möglich ist, lässt sich doch sagen, dass sich eine Niederlassung auch wirtschaftlich in den allermeisten Fällen lohnt. Im Übrigen stellen wir fest, dass bei vielen jungen Ärztinnen und Ärzten das weitgehend selbstbestimmte Verhältnis von Arbeits- und Freizeit eher im Vordergrund steht, weniger das monetäre Ergebnis. Beide Aspekte werden mit unserem „Karriererechner“ betrachtet, der damit eine gute Unterstützung bei der Entscheidungsfindung bietet.
Muss der Arzt oder die Ärztin heute stärker Unternehmer sein, um eine Praxis erfolgreich zu führen?
Natürlich ist eine niedergelassene Ärztin oder ein niedergelassener Arzt immer auch ein:e Unternehmer:in, schließlich führt er oder sie Personal und entscheidet auch über betriebswirtschaftliche Fragen, die nicht direkt mit der ärztlichen Leistung zusammenhängen.
Einerseits nehmen diese Aufgaben heute je nach Praxis etwas zu, weil es eine Tendenz zu größeren Kooperationsmodellen wie BAGs oder MVZs gibt. Andererseits verteilt sich somit die unternehmerische Verantwortung auch auf mehrere Schultern und die Partner:innen können sich gegenseitig Hilfestellung geben.
Insgesamt ist das unternehmerische Risiko für eine Arztpraxis im Vergleich zu anderen Branchen aufgrund des regulierten Marktes jedoch eher gering. Wer gut beraten und mit einer sorgfältigen Planung in die Praxisunternehmung einsteigt, braucht sich nicht zu sorgen.
Welche sind die finanzkritischen Faktoren, wenn man eine eigene Praxis gründen möchte?
Beim Einstieg in eine Praxis ist die Ermittlung des korrekten Praxiswertes unbedingt zu beachten. Hier gehen die Vorstellungen von Abgeber:innen und Interessent:innen oft sehr stark auseinander, was auch den komplexen Rahmenbedingungen einer Praxisübergabe geschuldet ist. Wenn man hier unsicher ist, sollte man sich unbedingt kompetente Unterstützung holen, um einen finanziellen Nachteil zu vermeiden. Die Praxiswertermittlung ist ein wesentlicher Bestandteil in der Ausbildung der DÄF-Niederlassungsberaterinnen und -berater.
Gerade zu Beginn einer Niederlassung ist auch eine detaillierte Finanzplanung wichtig. Hier sollte sich die Ärztin oder der Arzt nicht auf die Zahlen der Vorgängerin oder des Vorgängers verlassen, da sich bei einer Übernahme sowohl bei den Erlösen, als auch bei den Kosten Änderungen ergeben.
Wir beschäftigen uns gerade mit den kommunalen Initiativen, Stadt- und Landärzte in Regionen zu gewinnen, in denen die Demographie demnächst viele Ärzte in Rente gehen lässt. Welche Rolle spielt generell der Standort bei der Praxisgründung und welche Erfahrungen sammeln von Ihnen betreute Ärzte, die sich in solchen Regionen niederlassen?
Hier gibt es eine Vielzahl öffentlicher, aber auch regionaler oder sogar privater Initiativen, die die Attraktivität für eine Niederlassung in diesen betroffenen Regionen erhöhen sollen. Rein wirtschaftlich wirft eine sogenannte „Landarztpraxis“ oft viel höhere Gewinne ab, als die Vergleichspraxis im städtischen Umfeld.
Letztendlich spielen hier aber neben den Praxisfaktoren auch andere, persönliche Kriterien der Ärztin oder des Arztes eine Rolle. Wer sich bewusst für eine Praxis in einer unterversorgten Region entscheidet und die oben beschriebenen Planungsschritte beachtet, wird die Entscheidung auch nicht bereuen.
Wie würden Sie vorgehen, wenn Sie sich gut vorstellen könnten, sich als Hausarzt oder Hausärztin mit einer Landarztpraxis niederzulassen?
Ich würde mir definitiv eine professionelle Unterstützung und Beratung sichern. Die Entscheidung zur Niederlassung trifft man wahrscheinlich nur einmal im Leben. Umso wichtiger ist es, hierbei sorgfältig vorzugehen und keine Fehler zu machen. Als Investment in die persönliche Zukunft zahlt sich das in jedem Fall aus – oftmals gleich am Anfang, zum Beispiel bei einer geglückten Kaufpreisverhandlung.
Im Gegensatz zu der Dichte in Ballungsgebieten, wo gerade in einkommensstärkeren Stadtteilen viele Arztpraxen um die Privatversicherten konkurrieren, hat ein Landarztpraxis diese Konkurrenz nicht. Ist das Arbeiten als Arzt oder Ärztin deshalb eine andere?
Wie bereits erwähnt, sind einige „Landarztpraxen“ durchaus überdurchschnittlich ertragsstark. Das liegt zum Teil sicher auch an der Unterversorgung der betroffenen Gebiete, so dass auf den einzelnen Arzt rechnerisch mehr Patientinnen und Patienten kommen. Ich würde aber nicht sagen, dass sich hierdurch die Arbeit als Arzt oder Ärztin wesentlich verändert.
Sind Ihnen eigentlich neue Trends bekannt, wie eine ärztliche Unterversorgung auf dem Land wirksamer behoben werden soll?
Zusätzlich zu regionalen Maßnahmen – zum Beispiel Zuschüsse oder günstige Kredite bei Gründung, Jobsharing, Gemeinschaftspraxen und MVZs – kann das Konzept von Zweig- oder Filialpraxen interessante Möglichkeiten bieten. Da immer mehr Ärztinnen und Ärzte auch in der ambulanten Versorgung gerne in Teilzeit und/oder in Anstellung arbeiten möchten, könnten diese in solchen Praxen die Versorgung der betroffenen Regionen und Gemeinden sicherstellen.
Moritz Titze ist Wirtschaftsmathematiker und leitet den Bereich Standesorganisationen und Zielgruppenmanagement bei der Deutschen Ärzte Finanz. Hierbei verantwortet er das Geschäftsfeld Niederlassungs- und Wirtschaftsberatung bei der Deutschen Ärzte Finanz, die mit bundesweit 400 Repräsentantinnen und Repräsentanten die akademischen Heilberufler in allen Finanz- und Wirtschaftsfragen berät. Dabei profitiert die Ärztin oder der Arzt vom ausgeprägten zielgruppenspezifischen Know-how und einem einzigartigen Netzwerk mit Standesorganisationen und spezialisierten Kooperationspartnern.