Die Österreicherin Dr. Sophie Chung hat 2008 ihr Medizinstudium an der Universität Wien abgeschlossen. Danach sammelte sie Berufserfahrung sowohl als praktizierende Ärztin als auch in verschiedenen weiteren Branchen. Seit 2015 ist Gründerin und CEO des E-Health Unternehmen Qunomedical – ein Onlineportal, das Patient:innen auf der individuellen Suche bei der bestmöglichen Behandlung unterstützt. Dabei ist ihr Ziel, möglichst vielen Menschen einen einfachen Zugang zu optimaler Gesundheitsversorgung zu bieten. Wir haben mit ihr über ihren Werdegang gesprochen.
Frau Dr. Chung, Sie sind CEO von Qunomedical. Warum haben Sie sich entschieden, zu gründen anstatt als Ärztin zu praktizieren?
Es war keine leichte Entscheidung und auch nie eine Entscheidung gegen den Arztberuf, sondern immer eine Entscheidung für das Unternehmertum. Ich denke, dass ich mit dem, was ich bei Qunomedical aufbaue, mehr Menschen erreichen kann als als Ärztin.
Sie sind beruflich schon viel rumgekommen und haben beispielsweise in Australien als Ärztin gearbeitet. Außerdem waren Sie bereits für eine kambodschanische NGO, die Unternehmensberatung McKinsey und bei einem New Yorker Start-up tätig. Welche Erfahrungen und Fähigkeiten haben Sie aus diesen verschiedenen Bereichen und Arbeitskulturen mitgenommen?
Als Gründerin ist man am Ende für alle Themen im eigenen Start-up verantwortlich. Daher ist ein breiter Erfahrungsschatz sehr relevant. Diesen habe ich definitiv in den unterschiedlichen Stationen meines Berufslebens mitgenommen. Vor allem das flexible Arbeiten, schnelle Entscheiden und die Internationalität haben mich hierbei sehr geprägt.
Was genau macht Qunomedical und mit welchem Teil Ihrer Dienstleistung verdienen Sie Geld?
Qunomedical ist eine Plattform, die Krankenhäusern eine vollständige prä- und poststationäre Digitalisierung der Patientenjourney anzubietet. Dazu gehören Funktionen wie online Terminbuchung, Videosprechstunde, elektronischer Dokumentenversand und automatisiertes Patientenfeedback – alles aus einer Plattform. Die Zusammenarbeit mit Kliniken weltweit ermöglicht es uns gleichzeitig ein Angebot für Patienten unter qunomedical.com darzustellen, wo sie den richtigen Arzt für sich finden können.
Welche finanziellen, administrativen oder strategischen Hürden sind auf Ihrem Weg von 2015 bis jetzt die größten gewesen und wo steht Qunomedical heute?
Wir sind ein risikokapitalfinanziertes Unternehmen – das heißt, die Investorensuche ist sicherlich immer wieder eine Herausforderung. Strategisch gesehen mussten wir auch lernen mit den Unsicherheiten der Pandemie umzugehen. Planen in einer nicht planbaren Situation, auf die man auch keinen Einfluss hat, war nicht einfach.
Welchen Nutzen stiften Sie Patienten?
Bei der Wahl des richtigen Arztes und Krankenhauses, gerade bei planbaren invasiven Behandlungen, werden Patienten oft alleine gelassen. Wir helfen ihnen dabei, den Weg zum richtigen Arzt zu schnell und transparent wie möglich anzutreten.
Der Medizintourismus hat kein gutes Image. Mit welchen Argumenten überzeugen Sie Ärzt:innen, sich auf qunomedical.de listen zu lassen?
Vorab: Wir sind keine reine Medizintourismusplattform. Wir folgen dem Prinzip des richtigen Arztes – diese:r kann im nächsten Krankenhaus operieren, aber in speziellen Fällen sich auch in einem anderen Land befinden. Für Ärzte sind wir ein Wachstums- und Digitalisierungspartner. Wir sind der Meinung, dass Ärzte und Krankenhäuser sich auf die bestmögliche Behandlung der Patienten fokussieren sollten, während Lösungen wie unsere sich um das Rundherum kümmern. Das ist ein großer Mehrwert, der auch von den Ärzten und Krankenhäusern sofort gesehen wird. Man kann uns über unsere Website ansprechen oder auch gerne mir direkt eine E-Mail schicken.
Patient:innen können über Ihre Webseite die praktizierenden Ärzte bewerten. Vertrauen Sie selbst den Portalen wie „jameda“, bei denen es systemimmanent ist, dass deren zahlenden Partner in der Regel nur zufrieden sind mit positiven Bewertungen?
Ich vertraue unseren eigenen Daten. Bei Qunomedical werden alle Ärzte gleichbehandelt und können im gleichen Maße bewertet werden.
Qunomedical hat den Anspruch, gute ärztliche Versorgung möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Ihre Mitarbeiter beraten Patientinnen zu den unterschiedlichsten medizinischen Problemen. Diese reichen von der Haartransplantation bis zur Herz-OP. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Beratung in so unterschiedlichen Bereichen immer fundiert ist?
Wichtig ist, hier zu verstehen, dass wir keine medizinische oder ärztliche Beratung durch eigene Mitarbeiter:innen durchführen. Ich finde, dass die Arzt-Patienten-Beziehung zentral ist und hier niemand eingreifen soll. Wir helfen unseren Patient:innen bei allgemeinen Themen – wie beispielsweise, welche Behandlungsoptionen es gibt, wie die Preise aussehen, wann es sich um Selbstzahlerleistungen handelt, oder wie lange die Wartezeiten sind. Die Indikationsstellung und Diagnostik wird immer vom behandelnden Arzt durchgeführt.
Verstehen Sie Ärzt:innen, die in Ihrem Geschäftsmodell die medizinische Leis-tungen als reine Commodity herabgewürdigt sehen?
Eben genau das sehen wir komplett anders – medizinische Leistungen sind keine Commodity. Auch wenn es die Politik und Versicherungen oft suggerieren. Es müssen der Ärzt:innen und die Qualität der medizinischen Leistung in den Mittelpunkt gerückt werden. Mit unserer Plattform können so Patient:innen basierend auf Kriterien, die ihnen wichtig sind – nämlich wer am Ende der/die Ärzt:in ist, der/die einen behandelt, auch finden. Es macht einen großen Unterschied, von wem man wann, wie und wo behandelt wird. Jede:r Ärzt:in weiß das auch.
Welches sind die Beispiele, die Ihnen zeigen, dass Qunomedical wichtig ist?
Da gibt es Tausende von Beispielen. Wir haben einmal einer jungen Frau aus Osteuropa mit einem kongenitalen Herzfehler geholfen, eine lebensrettende OP im Ausland zu bekommen – alles von ihrer staatlichen Versicherung getragen. Uns erreichen Hochzeitsfotos von glücklichen Patienten, die endlich wieder lächeln können und ein neues Selbstwertgefühl haben, weil sie wieder schöne Zähne haben – wir verhelfen Menschen zu einem besseren und gesünderen Leben.
Was macht Sie als Unternehmerin glücklicher, als einst in der Notfallmedizin?
Sicherlich die Freiheit und der Gestaltungsspielraum, den ich als Unternehmerin habe.
Die Digitalisierung in der Medizin bietet noch viel Raum für Innovationen uns Start-ups. In welchen Bereichen sehen Sie in den kommenden Jahren großes Potenzial für E-Health-Gründungen?
Ich denke, dass im Bereich der KI-gestützten Prozesse und Lösungen es noch viel Potenzial gibt – sowohl in der Forschung als auch im klinischen Alltag.
Dr. Sophie Chung schloss 2008 ihr Studium der Humanmedizin an der Universität Wien ab. Im Anschluss arbeitete sie als Notfallärztin in Australien und sammelte Praxiserfahrungen in anderen Sektoren wie einer NGO in Kambodscha oder bei der Unternehmensberatung McKinsey. Sie ist Expertin für die Bereiche des medizinischen Reisesektors und für die Thematik der Zugänglichkeit zu Gesundheitsversorgung. Seit 2015 ist die Wahl-Berlinerin Mitbegründerin und CEO von Qunomedical.
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