Das deutsche Gesundheitssystem steht vor großen Herausforderungen: Die Kosten steigen, und immer mehr Versicherte spüren die Belastung in Form steigender Krankenkassenbeiträge. Private Krankenversicherungen erwarten in den nächsten Jahren starke Beitragserhöhungen. Prof. Dr. Wolfgang Hellmann setzt sich in diesem Beitrag mit der Frage auseinander, wie die ambulante Versorgung bezahlbar und zugleich qualitativ hochwertig bleiben kann.
Ein Fachbeitrag von Prof. Dr. Wolfgang Hellmann:
Optimierung der Gesundheitsversorgung durch Investitionsfond und Ärztesteuerung im ambulanten Bereich
Die Kosten im Gesundheitswesen laufen davon. Damit werden vor allem die Krankenkassen immer mehr belastet, Folge sind massiv zunehmende Beitragssteigerungen, wie private Krankenversicherungen gerade deutlich machen. Für die kommenden Jahre wird eine Steigerung der privaten Krankenversicherungen bei 2 Dritteln der Beiträge um 18% durchschnittlich prognostiziert. Hier muss eine massive Gegensteuerung erfolgen, um Krankenversicherte nicht übermäßig zu belasten. Diese Steuerung muss vor allem einschließen nicht kalkulierbare Beitragserhöhungen auf der Grundlage ständig neuer finanzieller Forderungen der KBV und der niedergelassenen Ärzteschaft. Vom Ergebnis her muss eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Bezahlbarkeit für den Patienten ermöglicht werden. Letztendlich geht es um eine sinnvolle und ausreichende Finanzierung der ambulanten Versorgung.
Zwei Möglichkeiten zur Kostenminimierung in der ambulanten Versorgung
Es ergeben sich vor allem Finanzierungsmodelle auf Grundlage der Investitionen privater Geldgeber und/oder der Verknüpfung von mehr Prävention und festen Honoraren im niedergelassenen Bereich. Nachfolgend werden diese Möglichkeiten unter Einbeziehung der jeweiligen Vor- und Nachteile vorgestellt.
Problematik der Finanzierung der ambulanten Versorgung durch private Investoren
Vorschläge zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung, sei es von nicht ärztlichen Investoren selbst oder dem Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBNV) e.V., der breiter als Lobbyverband von Kapitalinvestoren für MVZ angesehen wird, sind mit Vorsicht zu genießen.
Bezug wird hier genommen zu Entwicklungen im Bereich fachärztlicher Praxen (z.B. Augenarztpraxen), aber auch Krankenhäusern, die in großem Umfang aufgekauft werden und nur eine begrenzte Zeit betrieben werden, um dann wieder mit hohen Gewinnen verkauft werden zu können. Da unklar ist, wie diese Einrichtungen dann genutzt werden, ist eine gute Perspektive für die Patientenversorgung nicht erkennbar. Ärzteschaft und auch gesundheitspolitische Akteure laufen hier mit Recht Sturm. Verbote für entsprechende Aktivitäten stehen bereits im Raum.
Investitionsmittel ja, aber nicht von privaten Investoren!
Gute ärztliche Versorgung im ambulanten Bereich bedarf keiner privaten Investoren. Denn wie auch zum Beispiel bei Augenarztpraxen, würden dadurch die Behandlungskosten für die Patienten steigen. Sinnvoll wäre, wie bei den Krankenhäusern, die Bereitstellung von Investitionsmitteln für ambulante Versorger durch die Länder. Diese ist allerdings kein Erfolgsmodell. Denn die Insolvenz vieler Krankenhäuser basiert auch auf der Nichteinhaltung der Verpflichtung einzelner Länder zur Bereitstellung von Investitionsmitteln.
Insoweit ergibt sich die Frage nach einem Investitionsfond für ambulante Leistungserbringer. Dazu sollte der Gesundheitsminister konkrete Vorschläge erarbeiten, um sicher stellen zu können, dass Investitionen für den ambulanten Bereich in Räumlichkeiten, Gerätschaften oder auch Personal, beispielsweise bei von Ärzten getragenen MVZ oder auch Praxisneugründungen, nicht im alleinigen Risiko der ärztlichen Betreiber verbleiben.
Feste Honorare für Niedergelassene
Fixhonorare für Niedergelassen könnten massiv zur Kostenminimierung im Gesundheitswesen beitragen. Sie würden vor allem der stetigen Forderung und Unzufriedenheit („Honorarinsuffizienz“) Niedergelassener nach immer höheren Honoraren ein Ende setzen. Damit würde auch die kontinuierliche Auseinandersetzung der Krankenkassen mit einer „unübersehbaren Kostenspirale“ entfallen. Im Einzelnen würde sich in Anlehnung an Vorschläge des Gründers von Asklepios für den ambulanten Bereich ergeben:
- Monatliche Pauschalvergütung anstatt Einzelabrechnungen
- damit Entfall des Anreizes zur Mengenausweitung
- Entfall der Abrechnungsbürokratie
- Anreize für die Behandler, Patienten gesund zu erhalten, vor allem über eine Motivierung zu gesunder Lebensführung. Damit könnte der Notwendigkeit von mehr Prävention Rechnung getragen werden.
Erweiterung des Konzepts Festhonorare auf den gesamten Versorgungsbereich
Das Konzept könnte über den ambulanten Bereich hinaus auf alle Versorgungsbereiche ausgeweitet werden (s. Asklepios), somit auch auf den stationären Bereich. Insgesamt ein sicher langer und aufwändiger Weg, der aber längerfristig zu hohen Kosteneinsparungen führen könnte. Vor allem dann, wenn präventive Aspekte mehr in den Vordergrund der Versorgung rücken.
Fazit: Der Kostenexplosion im Gesundheitswesend ist dringend Einhalt zu gebieten. Ärztliche Leistungen müssen bezahlbar bleiben. Dazu muss es auch möglich sein, unkonventionelle Wege zu gehen. Einzelinteressen (KBV) müssen demgegenüber zurücktreten. Insoweit ist auch das Modell der Festhonorare, sei es für Niedergelassene, sei es für die gesamte Gesundheitsversorgung ein Projekt, das intensiv auf seine Tauglichkeit für ein bezahlbares Gesundheitswesen geprüft werden sollte.
Autor: Prof. Dr. habil. Wolfgang Hellmann ist Experte für medizinisches Hospital-Management und Leiter des Studienprogramms „MHM®- (Medical Hospital Management) für ärztliche Führungskräfte. Er ist Herausgeber und Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenpublikationen zum Krankenhausmanagement.
Kompetenzzentrum KoKiK®- Kooperative Kundenorientierung im Krankenhaus, DGPAS- Deutsche Gesellschaft für Patientensicherheit
Literatur beim Verfasser
Einen weiteren Beitrag von Professor Dr. habil. Wolfgang Hellmann finden Sie hier verlinkt.