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    Welche Rolle spielen Hippocampus und präfrontaler Kortex beim absichtlichen Vergessen?

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    By Caspar on 11. Oktober 2018 Forschung, Forschung & Wissenschaft

    Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum untersuchten in einer neuen Studie, was im Gehirn beim willentlichen Vergessen auf neuronaler Ebene passiert. Die Ergebnisse des Experiments und warum das Vergessen weit mehr als eine „lästige“ Alltagserscheinung ist, beschreibt Prof. Dr. Nikolai Axmacher, Leiter der Abteilung Neuropsychologie an der RUB, im Interview mit arzt & karriere.

    Dass das Erinnern aus einer evolutionsbedingten Notwendigkeit heraus entstanden ist, scheint einleuchtend. Warum jedoch ist es wichtig, dass der Mensch auch vergessen kann?
    Dafür gibt es verschiedene Gründe: Zum Beispiel erlaubt das Vergessen einen selektiveren Informationszugriff. Wenn wir eine bestimmte Verknüpfung erlernt haben, die sich im Laufe der Zeit ändert, können wir das vorher Gelernte vergessen, um primär das neue Wissen zu erinnern. Dafür ein ganz alltägliches Beispiel: Ich parke morgens mein Auto. Nun ist es natürlich ohnehin schon nicht leicht für mich, es wieder zu finden, weil es an verschiedenen Orten sein könnte. Es ist jedoch sehr hilfreich, wenn ich zumindest teilweise vergessen kann, wo ich es an den Tagen zuvor geparkt habe. Die Verknüpfung zwischen dem Auto und einer bestimmten räumlichen Position ist variabel und sollte somit auch wieder verlernt werden können, um sich anschließend an neue Orte, an denen das Auto geparkt wird, besser zu erinnern. Das Vergessen betrifft somit zum einen auf kognitiver Ebene neutrale Ereignisse. Andererseits ist es wichtig, sowohl motivational als auch emotional, wenn insbesondere emotional negative Ereignisse irgendwann wieder verblassen können. Etwas Negatives, das ich erlebt habe, wird im ersten Schritt vielleicht nicht vollständig vergessen, nimmt aber an Virulenz ab und verblasst. Die Gedächtnisspur wird dabei etwas schwächer – Zugreifbarkeit und Aktivierbarkeit der Information werden sozusagen reduziert.

    Um nun etwas näher auf Ihr Experiment einzugehen: Sie forderten die Probanden dazu auf, bestimmte Wörter zu vergessen und sich an andere zu erinnern. Dabei maßen Sie die Gehirnaktivität über Elektroden. Was genau passiert den nun beim aktiven Vergessen im Gehirn?
    Dem Experiment liegt das relativ alte „Directed Forgetting“-Paradigma zugrunde. Das gibt es schon seit einigen Jahrzehnten. Bei diesem Paradigma werden Probanden eine Reihe von Inhalten gezeigt. Nach jedem Inhalt folgt eine Instruktion, ob dieser erinnert oder vergessen werden soll. In all den verschiedenen Varianten der Experimente, die dazu bereits ausgeführt wurden, kann man beobachten, dass sich die Probanden besser an die Wörter erinnern, an die sie sich erinnern sollten. Lange war dabei aber unklar, ob das Vergessen tatsächlich ein aktiver Prozess ist. Nun könnte man denken, das liegt ganz einfach daran, dass die Patienten, immer wenn sie die Erinnerungsinstruktion bekommen haben, aktiv daran gedacht, und bei der Vergessensinstruktion nichts Besonderes getan haben. Die Frage war also immer, ob man mit diesen Experimenten nachweisen kann, ob es in der Realität tatsächlich einen aktiven, willentlichen Vergessensprozess gibt, das heißt, ob man Vergessen auch willentlich kontrollieren, steuern und verstärken kann. Das kann man eben bei den vergangenen Versuchen auf Verhaltensebene nicht sehen. Immer, wenn man das auf Verhaltensebene nicht sehen kann, dann helfen die kognitiven Neurowissenschaften weiter – nämlich damit, dass man versucht, neuronale Marker für aktive Kontrollprozesse zu finden.

    Ein Marker für aktive Kontrollprozesse ist eine Aktivierung im präfrontalen Kortex, der für alle möglichen Arten von exekutiven Kontrollprozessen zuständig ist. Interessanterweise sieht man im „Directed Forgetting“-Paradigma, dass der präfrontale Kortex in der Vergessensbedingung, verglichen mit der Erinnerungsbedingung, aktiver wird. In gewisser Weise ist dies also eine Bestätigung früherer fMRT- und konventioneller EEG-Studien. In unserem Experiment haben wir nun auch die Aktivität im Hippocampus gemessen, der sehr tief im Gehirn liegt und deswegen nur schwer zu untersuchen ist. Wir führten unsere Untersuchungen mit Epilepsiepatienten durch, in deren Gehirne sich aus klinischen Gründen genau im Hippocampus Elektroden befinden. Somit konnten wir im Hippocampus eine neuronale Antwort finden, eine sogenannte Alpha-Oszillation, die ein Marker für Inhibition ist. Die Ergebnisse sprechen daher dafür, dass einerseits der präfrontale Kortex aktiviert wird – ein Hinweis für aktive Rekrutierung von Kontrollprozessen beim willentlichen Vergessen – und andererseits, dass der Hippocampus, als Hirnregion, die am wichtigsten für das Langzeitgedächtnis ist, unterdrückt wird.

    Sie haben nun bereits den präfrontalen Kortex und dessen sehr aktive Rolle beim Vergessen erwähnt. Lässt sich mit dem Wissen um diese aktive Rolle der Hirnregion durch Stimulation extern Einfluss auf die Erinnerungs- beziehungsweise Vergessensprozesse nehmen?
    Ja, das ist möglich. Diese Methode wurde auch schon verschiedentlich verwendet. Wenn beispielsweise bei diesem Paradigma in der Vergessensbedingung der präfrontale Kortex stimuliert und dadurch gehemmt wird, dann ist dieses willentliche Vergessen nicht mehr so gut möglich. Man vermindert sozusagen diese Fähigkeit, die vom präfrontalen Kortex ausgeht.

    Wäre es in diesem Sinne auch möglich, einem Patienten, der an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leidet, dabei zu helfen, die traumatischen Ereignisse zu vergessen?
    Da könnte man sich vorstellen, dass man im präfrontalen Kortex eine Aktivierung statt einer Inhibition herbeiführt, die das eher ermöglichen würde. Kurz bevor die Ergebnisse unseres Experiments erschienen sind, wurde eine Studie veröffentlicht, bei der ein ähnliches Paradigma bei Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung durchgeführt wurde. Tatsächlich wurde dort entdeckt, dass die Patienten mit PTBS eine reduzierte Fähigkeit besitzen, Erinnerungen zu unterdrücken. Die Probanden waren mehrfach traumatisierte Flüchtlinge, von denen einige eine PTBS entwickelt hatten und andere wiederum nicht. Diejenigen, die die Störung entwickelten, hatten eine verminderte Fähigkeit, Gedächtnisinhalte zu unterdrücken.

    Haben Sie denn bereits Pläne, in welche Richtung zukünftige Untersuchungen bezüglich des Vergessens gehen könnten?
    Gerade der Zusammenhang von Traumatisierung und PTBS ist etwas, was mich sehr interessiert. Daran arbeiten wir zusammen mit der Klinik für Psychosomatik hier in Bochum, wo eine ganze Station nur für Traumapatienten zur Verfügung steht.

    Die Theorie der „Repressed Memory“ besagt, dass traumatische Ereignisse von Betroffenen über Jahre hinweg verdrängt werden. Könnte man möglicherweise durch Stimulation des präfrontalen Kortex diese Erinnerungen wieder hervorzuholen?
    Die kurze Antwort lautet: wahrscheinlich nicht. Man muss jedoch auch zwischen der Verdrängung und dem Vergessen unterscheiden. Meiner Einschätzung nach ist die willentliche Gedächtnisunterdrückung, die wir jetzt in der aktuellen Studie untersucht haben, ein anderer Prozess als die Verdrängung, nämlich ein sehr adaptiver Prozess. Das ist etwas Gesundes, wenn man in der Lage ist, neutrales oder auch belastendes Material zu unterdrücken. Das kann tatsächlich auch dazu führen, dass dieses belastende Material abgeschwächt wird und es somit nicht mehr eine so starke Rolle im eigenen Leben spielt.

    Bei der Verdrängung passiert etwas ganz anderes. Es ist ein maladaptiver Prozess, der insbesondere bei psychodynamischen Konflikten auftritt. Um ein klassisches Beispiel aus der Psychoanalyse anzuführen: Wenn ich mich einerseits zu einer Person sexuell hingezogen fühle, aber andererseits denke, dass ich das nicht darf, weil ich beispielsweise verheiratet bin. Dann gibt es eine soziale Norm, die ich internalisiert habe. Der sexuelle Wunsch wird daher verdrängt. Es kann jedoch sein, dass dieser weiterhin in mir rumort. Und genau das ist das Merkmal der Verdrängung: Die verdrängten Wünsche verschwinden nicht einfach, sie verblassen nicht einfach, sondern bleiben letztlich am Leben und äußern sich schließlich pathologisch. Beispielsweise dadurch, dass ich plötzlich Bauchschmerzen habe, Herzrasen oder Panikattacken bekomme oder depressiv werde. Der Wunsch selbst ist also unbewusst, das Problem jedoch noch da. Das ist ja häufig auch der Ausgangspunkt von Psychotherapien, dass eine Beschwerde vorhanden ist, zum Beispiel eine körperliche psychosomatische Beschwerde oder eine Depression, und gar nicht klar ist, woher diese kommt.

    Im Film Eternal Sunshine of the Spotless Mind geht es um ein Liebespaar, das sich nach einem Streit die Erinnerungen an den jeweils anderen vollständig entfernen lässt – ein erzwungenes Vergessen sozusagen. Glauben Sie, dass mithilfe zukünftiger Technologien und fortgeschrittenen Kenntnissen in der Neuropsychologie diese Prozeduren möglich sein werden?
    Bei Nagetieren geht das schon. Da gibt es Studien, bei denen man bestimmte Gedächtnisinhalte labeln kann, wie es auch im Film passiert, in dem ja gezeigt wird, wie die Erinnerungen an die Freundin gesammelt werden. Wenn man die Erinnerungen dann gelabelt hat, kann man tierexperimentell über eine bestimmte Art der Stimulation diese spezifischen Inhalte unterdrücken.

    Beim Menschen gibt es verschiedene Verfahren, wie der Hippocampus beziehungsweise das gesamte Erinnern unterdrückt werden kann. Das simpelste ist die Elektro-Krampftherapie. Auch wenn ich Benzodiazepine, wie zum Beispiel Valium, nehme, hemmen diese das Gedächtnis, jedoch nicht selektiv die Erinnerung an die unglückliche Liebesbeziehung. Das Besondere wäre ja dann, dass das für spezifische Erinnerungen möglich ist. Dies würde jedoch gentechnische Methoden erfordern, die beim Menschen möglicherweise auch machbar wären, aber viel zu unsicher und deswegen aktuell nicht ethisch vertretbar sind. Jedoch sind Ideen vorhanden, solche gentechnischen Methoden auch beim Menschen zu etablieren. Beispielsweise gibt es jetzt die allerersten Gentherapien, weswegen es technisch nicht ausgeschlossen ist, dass derartige Prozeduren auch für uns möglich werden. Die Fragen sind, ob man das wirklich möchte, also ob es gesellschaftlich und ethisch vertretbar ist, und besonders wann man diese Prozedur beim Menschen verwenden sollte. Würde man das Verfahren beispielsweise bei einer PTBS einsetzen, gäbe es auch das Problem, dass man nicht weiß, wie der Patient darauf reagiert, dass man nur ein bestimmtes Ereignis löscht. Ob das nicht zu stärkeren Beschwerden und Verwirrungen führen würde, da der Patient ja noch viele andere, möglicherweise mit dem Trauma zusammenhängende Ereignisse erinnert. Von all diesen Problemen und auch den vielen technische Hindernisse abgesehen, scheint es grundsätzlich wohl möglich zu sein, auch einzelne Gedächtnisspuren spezifischer Inhalte löschen zu können.

    Das Interview führte Dominik Heller


    Prof. Dr. Nikolai Axmacher ist Leiter der Abteilung Neuropsychologie und Direktor des Instituts für Kognitive Neurowissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Nach seinem Studium der Philosophie und Medizin promovierte er an der Humboldt Universität Berlin. Danach folgte seine Habilitation zum Thema „Memory processes in the medial temporal lobe“. In der Vergangenheit hatte Professor Axmacher unter anderem die Positionen Junior-Forschungsgruppenleiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und Emmy Noether Gruppenleiter in der Abteilung Epileptologie an der Universität Bonn inne. Seine Forschungsinteressen umfassen Stimulusspezifische Gedächtnisrepräsentationen, Gedächtniskonsolidierung, Arbeitsgedächtnis, Oszillationen, Neuropsychoanalyse und Tiefe Hirnstimulation.


    Beitragsbild: Unsplash/Jesse Orrico


    Weitere Beiträge zum Thema Forschung finden Sie unter: arztundkarriere.com/forschung-wissenschaft

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    Dr. med. Alice Martin

    "Wenn ich das gewusst hätte..."
    Die Rubrik in der erfahrende Ärzt:innen aus dem Nähkästchen plaudern.


    „Je detaillierter die Beschreibung, umso besser die Diagnose!“

    „Als junge Medizinstudentin habe ich sehr häufig Hautausschläge gesehen und auch schon einmal selbst einen Ausschlag gehabt.

    Sehr erstaunlich ist, wie viele verschiedene Fotos von Hautproblemen existieren und daraus resultierend die Feststellung, wie unterschiedlich die Hautausschläge aussehen können. Durch eine sehr gute Beschreibung lässt sich das Hautproblem jedoch meistens diagnostizieren. Viele Konsile zwischen Ärztinnen und Ärzten laufen manchmal allerdings nur rein deskriptiv, beispielsweise durch Fachbegriffe, ab. Und bei einer sehr guten Beschreibung und einer kurzen Anamnese bedarf es gelegentlich sogar gar keinem Foto.

    Ich hätte mir gewünscht, im Medizinstudium einen noch stärkeren Fokus auf diese Deskription zu erhalten. Denn ich merke nun selbst, dass die Dermatologie, genau wie die Augenheilkunde, einer der Fachbereiche ist, in dem man als andere Fachdisziplin Schwierigkeiten hat und meistens nur – salopp formuliert – Kortison verwendet und erst bei ausbleibender Verbesserung einen Arzt einschaltet.“


    Dr. med. Alice Martin ist Hautärztin in Weiterbildung und Mitgründerin der Online-Hautarztpraxis dermanostic, sowie dem Online-Portal zur medizinischen Weiterbildung medi-login. Sie tritt als Speakerin im Bereich „Digital Health“ auf und ist seit 2021 als Dozentin an der FOM Hochschule tätig.

    Dr. med. Ole Martin

    "Wenn ich das gewusst hätte..."
    Die Rubrik in der erfahrende Ärzt:innen aus dem Nähkästchen plaudern.


    „Nehmt euch die Zeit und schnuppert auch in medizinische Berufe fernab des OP-Saales“

    „Ärzte dürfen keine Fehler machen!“ Wer mit Menschenleben arbeitet, kann es sich nicht erlauben, unkonzentriert zu sein, zu zögern oder gar an sich selbst zu zweifeln.
    Das ist ein Mantra, nach dem junge Mediziner:innen in der Regel leben, ja sogar leben müssen. Tagtäglich mit Krankheit, Gesundheit, Leben und Tod konfrontiert zu werden, macht eine solche Einstellung erforderlich.

    Als Arzt in einem Unternehmen zu arbeiten, bedeutet hingegen eine ganz andere Fehlerkultur: Während Fehler während einer medizinischen Behandlung auf keinen Fall passieren dürfen, gehört das „Fehler-Machen“ in der freien Wirtschaft mit dazu – und wird sogar eingefordert. Wie im alltäglichen Leben sind Fehler häufig die Grundvoraussetzung dafür, dass man lernt und über sich hinauswächst. Im Vergleich zu einer Arbeit am OP-Tisch oder im Behandlungszimmer muss im Unternehmens-Kontext viel ausprobiert und gewagt werden – seien es neue Geschäftsmodelle, verrückte Werbekampagnen oder innovative Vertriebsstrategien.

    Die beiden Fehlerkulturen könnten gegensätzlicher nicht sein. Das ist aber auch nicht schlimm! Unterschiedliche Umstände verlangen unterschiedliche Normen. Wichtig ist aber, dass man sich dieser verschiedenen Welten bewusst wird. Tut man dies nicht, läuft man Gefahr, die ärztliche Fehlerkultur auch auf andere Lebensbereiche zu übertragen.

    Was kann man also tun? Ich kann euch nur empfehlen, neben eurer ärztlichen Ausbildung auch mal ein Praktikum im nicht-ärztlichen Bereich, wie zum Beispiel in einem Unternehmen, zu machen. Dadurch habt ihr die Chance, beide Welten kennenzulernen und könnt dann eine Entscheidung treffen, für welchen Weg ihr euch entscheidet.


    Dr. med. Ole Martin hat an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Medizin studiert und anschließend an der Düsseldorfer Universitätsklinik seine Facharztausbildung für Radiologie begonnen. Schon früh wollte er sich für bessere Lösungen in der medizinischen Versorgung einsetzen. Daher baute er seit 2018 als CTO die medizinischen Online-Lernplattform medi-login auf. 2019 gründete er dann zusammen mit seiner Frau Dr. Alice Martin und dem Ärzte-Ehepaar Dr. Estefanía und Patrick Lang die Online-Hautarztpraxis dermanostic, bei der er als Geschäftsführer tätig ist.

    Uwe Michael Glatz

    "Wenn ich das gewusst hätte..."
    Die Rubrik in der erfahrende Ärzt:innen aus dem Nähkästchen plaudern.


    „Kümmert euch frühzeitig um eure Altersvorsorge und finanzielle Absicherung!“

    „Lange Zeit hatte ich selbst die Themen Absicherung, Vorsorge und Vermögensaufbau vernachlässigt. Im Berufsalltag stand die medizinische Versorgung der Patienten und die eigene Facharzt-Weiterbildung im Mittelpunkt. Ich habe mir wenig Gedanken darum gemacht, wie ich mit dem Geld, das ich tagtäglich verdiene, sinnvoll umgehe. Dass die Rente der ärztlichen Versorgungswerke im Ruhestand nicht ausreichen wird, um meinen Lebensstandard zu halten, wusste ich ebenfalls nicht.

    Vor einigen Jahren habe ich nach einer persönlichen Krise begonnen, mich in diesen Bereichen zunächst privat weiterzubilden. Diese Entwicklung habe ich dann mit einer IHK-Prüfung abgeschlossen. Heute berate und begleite ich Ärzt:innen und Angehörige anderer medizinischer Berufsgruppen in allen Finanz- und Absicherungsfragen. Mit dem Wissen von heute hätte ich bereits im Studium begonnen, eine zusätzliche private Rente aufzubauen und mich um die Absicherung meiner Arbeitskraft gekümmert. Das geht schon mit relativ kleinen Monatsbeiträgen, die je nach Karrierefortschritt weiter gesteigert werden können. Positiver Nebeneffekt: Man gewöhnt sich an die regelmäßigen Investments und passt seinen Lebensstandard mit der Zeit entsprechend an.“


    Uwe M. Glatz war jahrelang leitender Oberarzt in der Viszeralchirurgie und arbeitet jetzt als Finanzexperte für Ärzt:innen. Ihnen fehlt oftmals die Zeit, sich neben ihrer anspruchsvollen und zeitintensiven Tätigkeit noch mit Fragen der Vorsorge und Absicherung zu beschäftigen.

    Univ.-Prof. Dr. Ines Gockel

    "Wenn ich das gewusst hätte..."
    Die Rubrik in der erfahrende Ärzt:innen aus dem Nähkästchen plaudern.


    „Eignet euch Kompetenzen in Sachen Management und Führung an."

    „Meinen MBA für International Healthcare Management an der Frankfurt School of Finance and Management habe ich erst relativ spät in meinem beruflichen Werdegang absolviert, also kurz vor meinem Ruf auf die W3-Professur für Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig. Das MBA-Programm war beruflich und auch persönlich die wichtigste und lehrreichste Zeit in meinem Leben nach meinem Medizinstudium.

    Die erworbenen Skills und Kompetenzen wären mir sicherlich bereits viel früher zu Gute gekommen, hätte ich mich zuvor intensiver mit dieser Möglichkeit beschäftigt, die prinzipiell bereits nach zwei Jahren Berufserfahrung möglich gewesen wäre. Ich kann nur dazu raten, diese Zusatzausbildung so früh wie möglich in Betracht zu ziehen, denn Management-, Business- und Führungsthemen werden im Medizinstudium nur marginal adressiert. Diese, wie auch werteorientiertes ärztliches Handeln und wirtschaftliche Grundprinzipien, welche eng miteinander verknüpft sind, sollten aus meiner Sicht fest in das Medizinstudium implementiert werden.“


    Univ.-Prof. Dr. Ines Gockel leitet die Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig, AöR. Sie ist Fachärztin für Chirurgie, Viszeralchirurgie und Spezielle Viszeralchirurgie. Sie absolvierte einen MBA für International Healthcare Management an der Frankfurt School of Finance and Management.

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