Nils Behrens (Bild) ist nicht nur Chief Marketing Officer des Lanserhofs, sondern in verschiedenen Rollen entscheidender Erfolgstreiber eines im deutschen Raum einmaligen Konzepts. Dieses wird an mittlerweile sieben Standorten eingesetzt.
Im Interview erklärt der Host des Podcasts „Forever Young”, der von 180.000 Hörer:innen abonniert wird, wie die Expansion gelungen ist.
Das Lanserhof-Konzept verbindet Medizin und Luxushotel miteinander. Was wissen Sie über die Motive Ihrer Gäste: Warum kommen sie zu Ihnen?
Unsere Gäste kommen immer mit einem medizinischen Anspruch zu uns. Daher sind es nach Ihrer Definition eher Patienten. Wir nutzen das Wort allerdings nicht in der Kommunikation, da sie nach einer klassischen Definition nicht immer krank sind. Dennoch haben sie gesundheitliche Einschränkungen, die sie zu uns führen.
Welche Art von Spitzenmedizin bieten Sie in Ihren Häusern an?
Die Bandbreite ist recht groß. Wir haben insbesondere in der Diagnostik die modernste Ausstattung. Besonders im fachärztlichen Bereich der Kardiologie, aber auch in der Gastroenterologie. Darüber hinaus haben wir ein Konsiliararzt-Netzwerk, bei dem wir oft mit Experten der Universitäten zusammenarbeiten. Ausgangspunkt ist die Lanserhof Kur, welche um die entsprechende Expertise zugeschnitten auf die Bedürfnisse unserer Gäste ergänzt wird.
Sie sind nicht nur CMO der Lanserhof-Gruppe, sondern haben die Expansion in den vergangenen 11 Jahren maßgeblich mit initiiert und begleitet. Welches waren in dieser Zeit die Meilensteine und besonderen Herausforderungen, die es zu überwinden galt?
Mein erstes Projekt war die Eröffnung des Standorts Hamburg als Geschäftsführer. Es war nicht nur die erste Expansion des Lanserhofs, der zu dem Zeitpunkt schon 28 Jahre existierte. Es war auch das erste ambulante Stadtkonzept. Da es zu diesem Zeitpunkt noch nichts Vergleichbares gab, musste hier einiges an Pionierarbeit geleistet werden.
Als zweites Projekt kam der Lanserhof Tegernsee dazu, bei dem wir uns erst einmal bei einem Bürgerbescheid durchsetzen mussten. Zum Glück stand die Bevölkerung hinter uns, sodass wir diesen mit großer Mehrheit gewonnen haben. 2019 haben wir einen weiteren Stadtstandort in London eröffnet. Hier war die besondere Herausforderung das deutlich andere Rechtssystem. Aber auch die Infrastruktur hat uns baulich vor große Herausforderungen gestellt.
Für die Eröffnung des Lanserhof Sylt im Sommer 2022 wäre hier nicht genügend Platz, um alle Herausforderungen und Hürden zu nennen. Nur so viel: Begonnen haben wir mit dem Projekt im Frühling 2014. Ich denke, das zeigt schon sehr deutlich, welchen Weg wir gemeistert haben. Darüber hinaus kann man als Herausforderung für alle Projekte herausstellen, dass es nie einfach war und ist, das richtige Team zusammenzustellen. Vor allem die Ärzt:innen und Therapeut:innen, aber auch in allen anderen Bereichen. Grundsätzlich kann man festhalten, dass es ohne die Vision und Durchsetzungstärke unseres CEOs Dr. Christian Harisch keines dieser Projekte geben würde.
Was ist dem Patienten am wichtigsten, wenn sie sich nicht nur in die Hände eines Arztes begeben, sondern auch eines Hauses?
Es ist hier sehr schwer, pauschale Aussagen zu treffen. Jeder Gast füllt vor seiner Anreise einen mehrseitigen medizinischen Fragebogen aus, den wir im Marketing selbstverständlich nicht zu sehen bekommen. Ich kann nur soviel sagen, dass der größte Teil unserer Gäste unter zu viel Stress leidet. Die Intention, in den Lanserhof zu kommen, ist mehr, als einfach nur eine Auszeit zu nehmen. Es geht darum, die gesundheitlichen Einschränkungen zu reduzieren, aktiv dagegen anzukämpfen oder, im Idealfall, komplett zu beseitigen. Denn wie es in unsere Kampagne heißt: Health is Freedom.
In vielen kleineren Häusern dreht sich die Rechtfertigung der eigenen Existenzberechtigung oft darum, den kommunalen Trägern nachzuweisen, dass man möglichst viele Patienten betreut hat. Gibt es zu diesem quantitativen „Mehr Patienten = Mehr Umsatz“-Ansatz wirklich keine Alternativen?
Damit sprechen Sie aus meiner Sicht eines der größten Probleme in unserem Gesundheitssystem an. Wir müssen Konzepte wirklich neu denken. Vor allem bin ich der Überzeugung, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Diagnostik und Therapie, verbessert werden muss. Dadurch könnten deutlich bessere Behandlungserfolge in kürzerer Zeit erzielt werden. Auch stecken Angebot und Nutzung von digitalen Alternativen noch zu sehr in den Kinderschuhen. Hier gibt es schon einige vielversprechende Ansätze. Insbesondere in dem Bereich der Psychologie bin ich ein Fan von Start-ups wie InstaHelp oder Selfapy. Von diesen Start-ups brauchen wir noch mehr, auch in anderen Bereichen.
In Ihren Häusern und Zentren leben Sie einen sehr ganzheitlichen Ansatz, um Ihr Credo „Länger besser leben“ erfahrbar zu machen. Kann man sich diesen Ansatz nur erlauben, wenn man eine gutbetuchte Klientel anspricht?
Absolut nicht. Wir greifen in der Therapie auf viele traditionellen Naturheilverfahren zurück, die zum Teil schon vor vielen Jahrzehnten entwickelt wurden. Da geht es nicht um Geld, sondern darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und vor allem auch die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren.
Sie sind nicht nur Lanserhof-Marketingchef, sondern auch Host des Forever Young-Podcast. Damit gelingt Ihnen in meinen Augen ein perfektes Beispiel für gelungenes Content Marketing. Ihre Gespräche mit Gästen aus Medizin, Kultur und Coaching vermitteln Zuhörern wertvolles Wissen, was letztlich der Marke Lanserhof zugute kommt. War Ihnen dies klar, als Sie den Podcast starteten?
Vielen Dank für das Feedback. Die Idee des Podcasts war ursprünglich, die Lanserhof-Gäste auch zwischen ihren Aufenthalten mit Wissen zu versorgen. Aktuell haben über 180.000 Hörer:innen unseren Podcast abonniert. Das ist deutlich mehr, als wir jemals Gäste hatten.
Welches Feedback bekommen Sie von Zuhörer:innen, Ihren Gästen aber auch Ihren Lanserhof-Häusern?
Ich bekomme mittlerweile sehr viele Wünsche von Zuhörer:innen, welche Themen sie gerne im Podcast besprochen haben möchten. Dafür bin ich sehr dankbar, da es häufig gute Impulse sind. Zu meinen Gästen: Mich rief letztes Jahr ein plastischer Chirurg an, der bei mir im Interview war. Er sagte, dass nur eine Woche nach der Ausstrahlung schon fünf Patient:innen bei ihm waren, die ungefragt ihm erzählten, dass sie nur wegen des Podcasts gekommen sind. Einer der überraschendsten Zusatzgewinne des Podcasts für uns ist, dass wir durch das Format vermehrt Bewerbungen bekommen. Es ist also auch eine Art des Personalmarketings, dessen Bedeutung in der heutigen Zeit allen bewusst sein sollte.
Welchen Stellenwert spielt der Podcast in Ihrem Marketingmix?
Der Podcast ist nur ein Baustein in unserem Marketingmix. Man darf nicht vergessen, dass 50 Prozent unserer Gäste nicht deutschsprachig sind und daher zumindest die deutschen Folgen gar nicht verstehen. Der Aufwand ist auch überschau- barer, als man vielleicht denkt. Ich würde sagen, dass es mich persönlich pro Woche zirka 2 Stunden kostet. Mein Team vielleicht auch noch einmal zwei weitere Stunden. Ein Themengebiet, das wir stärker ausbauen wollen, ist Nachhaltigkeit. Hier steckt die Idee „One Health“ dahinter – ein gesunder Mensch kann ohne eine gesunde Natur nicht gesund bleiben.
Welche Produktentwicklungen und Marketingmaßnahmen in den vergangenen 11 Jahren waren in Ihren Augen die wichtigsten – und woraus haben Sie persönlich die größten Learnings gezogen?
Klassische Werbung funktioniert für medizinische Leistungen nicht. Es scheint, dass noch immer der Glaube in den Köpfen der Menschen verankert ist, wenn Ärzt:innen für sich werben müssen, könnten sie ja nicht gut sein. Wir nutzen klassische Werbung nahezu ausschließlich für unsere Gesundheitsressorts. Unsere Stadtstandorte, die ja mit einer Arztpraxis vergleichbar sind, müssen wir über andere Kanäle kommunizieren. Unsere Stärke ist die Pressearbeit. Wir haben aktuell Agenturen in elf Ländern und haben es dadurch geschafft, den Lanserhof zu einer echten Weltmarke zu machen.
Was planen Sie als Lanserhof in den kommenden Jahren?
Es gibt keine Woche, in der wir nicht mehrere neue Standorte und Projekte angeboten bekommen. Die Expansion im deutschsprachigen Raum ist für uns abgeschlossen. Wir möchten jetzt gerne dahin, wo es wärmer ist. Dazu haben wir gerade drei sehr konkrete Projekte in Arbeit.
Weitere Best Practice-Beispiele von Krankenhäusern/Klinikgruppen finden Sie in unserem Medical Leadership.