Nach dem Humanmedizinstudium geht es meist erst einmal in eine Klinik. Ab da stehen den angehenden Ärzt:innen die Türen weit offen. Doch den Schritt raus aus der behüteten Arbeitssituation und rein in das eher unbekannte Terrain „Niederlassung“ und „Selbstständigkeit“ wagen eher wenige. Doch wieso? Denn vor allem für Ärztinnen kann dieser Schritt interessant sein. Dr. Ulrike Engelmayer erzählt von ihren Erfahrungen in der Niederlassung, den Vorteilen, die daraus resultieren und hält wichtige Tipps für Ärzt:innen bereit, die sich ebenfalls niederlassen wollen.
Stellen Sie sich zu Anfang kurz vor, damit die Leser:innen einen Eindruck von Ihnen bekommen. Wer sind Sie und wie sind Sie zur Medizin gekommen?
Ich bin 47 Jahre alt, seit 2011 Fachärztin für Diagnostische Radiologie und seit 01.01.2022 niedergelassen im RadiologieZentrum Schwabmünchen, rund 30 km südlich von Augsburg. Aufgewachsen bin ich als Tochter eines Tierarztes in Nordhessen. Eigentlich wollte ich aufgrund der 24/7-Bereitschaft meiner Eltern in der Tierarztpraxis nie etwas mit Medizin zu tun haben. Aber die Humanmedizin war letztlich das Studienfach, in dem meine drei Hauptinteressen am besten vereint wurden. Denn bei meiner Berufswahl war mir wichtig, 1. etwas mit Menschen zu tun zu haben, 2. naturwissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden und 3. die Möglichkeit zu besitzen, auf der ganzen Welt der Berufstätigkeit nachgehen zu können.
Warum haben Sie sich gegen eine Karriere in einem Krankenhaus und für den Schritt in die Selbstständigkeit entschieden?
Nach der Facharztanerkennung und der Geburt meiner beiden Söhne habe ich keine attraktiven Perspektiven in der Klinik, in der ich tätig war, angeboten bekommen. Obwohl oder gerade weil ich nur kurz Elternzeit genommen und immer Vollzeit gearbeitet habe, wurde ich entweder als „Mama“ unterschätzt oder als potenzielle Konkurrentin (selbst von Vorgesetzten) überschätzt. Außerdem fühlte ich mich durch die hierarchischen Krankenhaus-Strukturen in meinen Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Ich wollte sowohl Aufgaben in der Mitarbeiterführung als auch unternehmerische Verantwortung im Management übernehmen. Und ich hatte zunehmend das Bedürfnis, meine eigene Chefin, insbesondere in Bezug auf meine Dienst- und Urlaubsplanung und in der Ausübung meiner Fachkompetenzen, zu sein. Das mit der Selbstständigkeit einhergehende unternehmerische Risiko wollte ich dafür gerne in Kauf nehmen.
Welche Vorteile sehen Sie in der Niederlassung gegenüber einer Tätigkeit als Angestellte:r in einem Krankenhaus oder MVZ?
Die Gestaltungsfreiheit und die Autonomie in der eigenen Praxis sind Privilegien, die ich nicht hoch genug wertschätzen kann. Ich finde es sehr erfüllend, selbst beziehungsweise in Absprache mit meinen Mitgesellschafter:innen über Unternehmens- und Mitarbeiterführung, Investitionen, Untersuchungsprotokolle, den Patientenkontakt und die Zusammenarbeit mit den Zuweisenden entscheiden zu können. Im Angestelltenverhältnis störte mich am meisten die strenge Hierarchie, die nicht nur innerhalb der eigenen Abteilung, sondern auch interdisziplinär und im Verhältnis zur Geschäftsführung herrschte. In der Niederlassung bin ich unabhängiger und freier. Vor allem die Führung der Mitarbeitenden ist mir ein großes Anliegen, weil ich als Vorgesetzte meinen Mitarbeitenden ermöglichen will, sich an ihrem Arbeitsplatz optimal zu entfalten und ihre Erfahrungen und Fähigkeiten in das Unternehmen gestaltend und selbstbestimmt einzubringen.
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte klagen häufig über die überbordende Bürokratie. Außerdem ist die Digitalisierung sehr ins Stocken geraten. Was sagen Sie Ärztinnen und Ärzten, die deswegen vor einer Niederlassung zurückschrecken?
Da bin ich die Falsche, die Sie fragen. (lacht) Als Radiologin bin ich sehr Bildschirm-affin. Viele Radiologie-Praxen sind seit über 20 Jahren, viele Krankenhaus-Abteilungen seit mindestens 15 Jahren digitalisiert. Außerdem bin ich in meiner Weiterbildungszeit schon mit dem DRG-System groß geworden. Ich kenne es gar nicht anders, als dass ich alle Prozeduren und Diagnosen kodieren muss. Das ist anders bei vielen niedergelassenen Kolleg:innen, besonders denen, die sich in der Selbstverwaltung, also in den Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen, engagieren. Sie sind zu über 50% über 60 Jahre alt, kommen also noch aus der Generation, als alle Patientendaten in Papierakten festgehalten wurde. Für sie ist der Begriff „Bürokratie“ anders belegt als für uns Jüngere. Außerdem ist der große Vorteil in der Niederlassung, dass ich meine eigene Chefin, also auch meine eigene Personalchefin bin. Es hindert mich niemand daran, dass ich Personal für die administrativen Dinge einstelle. Und das ist in der Regel günstiger als meine Arzt-Arbeitszeit. Es ist also eine Win-Win-Situation: weil ich Angestellte für die Verwaltungstätigkeiten und IT-Aufgaben habe, kann ich mich mehr den arzt-spezifischen Tätigkeiten zuwenden und meinen Kernkompetenzen als Fachärztin nachgehen.
Gibt es auch Nachteile der Tätigkeit als selbstständige Ärztin?
Als Arzt oder Ärztin muss man eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen, wenn man sich niederlassen will – gerade in so umsatzstarken Fächern wie der Radiologie, Augenheilkunde oder Unfallchirurgie/Orthopädie. Außerdem braucht man einerseits ein Interesse an Managementthemen und andererseits etwas, das ich „soziales Gewissen“ nenne. Wir haben es täglich mit betriebswirtschaftlichen Themen wie Kosteneffizienz und Personal-Ressourcen, aber auch mit Menschen zu tun, seien es Mitarbeitende, Zuweisende oder Patient:innen. So entsteht das Spannungsfeld, einerseits die Praxis wirtschaftlich und kostendeckend zu führen und andererseits menschlich und empathisch zu bleiben. Denn als Unternehmerin habe ich ja in einem ganz anderen Ausmaß Verantwortung für die Menschen und ihre Familien, die mir als Angestellte, Patient:innen oder Zuweiser:innen ihr Vertrauen entgegen bringen, als ich das als angestellte Ärztin hatte.
Eine Praxisgründung kann man nicht einfach über das Knie brechen. Welche Gedanken sollte man sich machen, bevor man sich für die Niederlassung entscheidet?
Im „Leitfaden Praxiseinstieg“ (www.leitfaden-praxiseinstieg.de) haben meine Mitautor:innen und ich die Tätigkeit in der Niederlassung als selbstständige:r Ärzt:in der Anstellung im Krankenhaus gegenübergestellt. In der Niederlassung sitzt man im „driver’s seat“ und hat die Gestaltungsfreiheit für das Arbeitsumfeld und den fachlichen Fokus seiner Tätigkeit, aber auch die volle Verantwortung für den unternehmerischen Erfolg. In der Anstellung gilt „safety first“: es gibt feste Strukturen, die man nicht selbst erarbeiten oder optimieren muss. Man hat Verantwortung für den eigenen Arbeitsbereich und kann alles andere abgeben. Im „Leitfaden Praxiseinstieg“ haben wir auch die Fragen aufgeführt, die im Rahmen der Entscheidungsfindung gestellt werden sollten: Wo liegen meine Stärken und Schwächen? Welche Werte und Motivation treiben mich an und was brauche ich zur Lebenszufriedenheit? Welcher Standort ist mir wichtig? Möchte ich lieber in der Großstadt oder im ländlichen Raum leben? Und bei eigener Familie: Wie ist die berufliche Situation meines Partners / meiner Partnerin, wie ist die Betreuung von Kindern organisiert? Wünsche ich mir eher eine Voll- oder Teilzeittätigkeit?
Im Humanmedizinstudium wird man nicht auf den kaufmännischen Gebieten, welche für eine eigen Praxis ebenfalls wichtig sind, geschult. Muss man als ärztlicher Nachwuchs bestimmte Fähigkeiten mitbringen oder kann man sich diese auch im Nachhinein erlernen?
Viele Management-Aufgaben können zu einem Teil innerhalb der Praxis delegiert oder an Berater, beispielsweise Steuerberater oder das Lohnbüro, ausgelagert werden. Kenntnisse über andere Managementthemen, wie Honorarbescheide und Geschäftspläne, kann man sich zum Beispiel im Rahmen der Beratungsangebote der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Finanzdienstleister erwerben. Da müssen wir uns in der Weiterbildung und in Vorbereitung auf unsere Facharzt-Anerkennung wesentlich komplexere Themen erarbeiten! So wurde kürzlich auf einer Veranstaltung zur Niederlassung ein Kollege gefragt, ob man als niedergelassener Facharzt eine Zusatzqualifikation als Master of Business Administration (MBA) bräuchte. Halb Spaß, halb Ernst antwortete er, dass ein Psychologiestudium wichtiger sei, weil man in der eigenen Praxis so viel mit Menschen zu tun habe. Und in einer Ankündigung für einen Workshop über Fähigkeiten von Führungskräften habe ich gelesen, dass es bei der modernen Führung um „weniger BWL und mehr Empathie“ gehen soll. Da ist was dran – und das können sich Führungskräfte in Krankenhäusern auch zu Herzen nehmen.
Kaufmännisches Wissen wie die Buchhaltung reicht nicht aus, um eine Praxis erfolgreich zu führen. In welche weiteren Kernelemente sollte man sich einlesen, um zum einen gelungen Praxisstart hinzulegen und zum anderen auch dauerhaft erfolgreich zu bleiben?
Meines Erachtens muss ich mir bestimmte Kenntnisse nicht selbst anlesen, sondern sollte mir für bestimmte Fragestellungen entsprechende Berater:innen suchen. Zusammen mit ihnen kann man sich nach und nach das nötige Fachwissen aneignen. Ich mache zum Beispiel sehr gute Erfahrungen mit einer Unternehmensberaterin, die den Geschäftsplan erstellt und die Finanzierungsanfragen eingereicht hat. Jetzt hat sie die monatliche BWA (Betriebswirtschaftliche Analyse) im Blick und unterstützt mich bei Management- und Personalführungs-Fragen. Zusätzlich profitiere ich sehr von einer Medizinrechtlerin, die die Verträge aufgesetzt und die Praxis durch das Zulassungsverfahren manövriert hat und mich auch jetzt noch bei Abrechnungsfragen et cetera berät. Natürlich haben diese Beratungen ihren Preis, sind aber ihr Geld vollständig wert. Ferner stellen die Kassenärztlichen Vereinigungen, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Fachgesellschaften, Interessenvertretungen, Banken und Finanzdienstleister viele Unterlagen und Veröffentlichungen zur Verfügung und bieten Seminare und Fortbildungen rund um die Niederlassung an.
Viele Ärzt:innen schrecken vor der Selbstständigkeit zurück, da sie Angst vor der großen Hürde „Finanzierung“ haben. Können Sie das nachvollziehen?
Durchaus. In Abhängigkeit vom Fachgebiet und vom Standort sind die Summen, die man für den Praxiseinstieg oder die Praxisübernahme zahlen muss, unterschiedlich hoch. Laut einer Auswertung der apoBank lag in 2020/2021 die durchschnittliche Finanzierungssumme für Praxisgründungen bei Ärzten bei gut 180.000 Euro und bei Ärztinnen bei zirka 160.000 Euro. Viele Praxen haben in ihren Gesellschaftsverträgen Formeln definiert, nach denen der materielle und immaterielle Wert der Praxis berechnet wird. Andere Praxisabgeber lassen Wertgutachten erstellen, die den Kaufpreis definieren. So muss im Rahmen der Praxisanalyse und der Erstellung des Geschäftsplans geklärt werden, ob der Kaufpreis finanzierbar ist. Letztlich bestimmt aber die Nachfrage das Angebot. In Fachgebieten und Regionen, die weniger attraktiv für junge Fachärzt:innen sind, haben Abgeber:innen Schwierigkeiten, Nachfolger:innen für ihre Praxis zu finden. In den umsatzstarken Fachgebieten an attraktiven Standorten versuchen hingegen seit einigen Jahren finanzstarke Investoren, Einfluss in der ambulanten Versorgung zu gewinnen. Sie sind bereit, sehr hohe Preise für die Übernahme einer Praxis zu zahlen. Das wiederum macht es für Einzelne fast unmöglich, sich niederzulassen.
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Sie sprechen aus Erfahrung: Wie klappt denn in Ihren Augen eine geeignete Finanzierung?
Die Analyse der zu übernehmenden Praxis ist das A & O. Die Praxisanalyse betrifft viele Themen, die für den Geschäftsplan und somit für die Kreditverhandlungen essenziell sind. Checklisten hierfür sind beispielsweise in dem schon vorher erwähnten „Leitfaden Praxiseinstieg“ aufgeführt oder werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und Banken zur Verfügung gestellt. Wichtige Parameter sind die Personalkosten, das Leistungsangebot und die technische Ausstattung. Für den Geschäftsplan ist zum Beispiel zu klären, ob es einen Investitionsbedarf gibt und wie die Zukunftsperspektiven der Praxis sind. Ferner sind der Standort (Stadt versus Land) und die Wettbewerbssituation dort wichtig. Viele dieser Informationen muss der/die Praxisabgeber/-in zur Verfügung stellen und haben mit unserer Tätigkeit als Fachärzt:innen primär nicht viel zu tun. Sie sind aber später für eine erfolgreiche Praxisführung entscheidend. Zudem sind einige dieser Themen etwas heikel und delikat, da sie „das Eingemachte“ einer Praxis betreffen. Um einen ehrlichen Einblick und alle notwendigen Informationen zu erhalten, muss daher im Vorfeld das Vertrauen der abgebenden und/oder verbleibenden Altgesellschafter gewonnen werden.
Welche Hürden mussten Sie beim Start in die Selbstständigkeit überwinden?
Neben den Herausforderungen bei den Verhandlungen im Speziellen, die unter anderem die Vertragsgestaltung, die Regularien der Kassenärztlichen Vereinigung und Versicherungsthemen betrafen, gab es auch Herausforderungen im Allgemeinen. Dazu gehört zum einen die zunehmende Kommerzialisierung des Gesundheitswesens, auch im ambulanten Sektor, beispielsweise durch den zunehmenden Einfluss von Finanzinvestoren. Zum anderen findet im ambulanten Sektor, wie im stationären Bereich auch, ein Wertewandel zwischen den Ärzte-Generationen statt, der sowohl persönliche Themen wie Lebensziele, Status und Verdienst als auch die Unternehmensführung betrifft. Für die Praxisübernahme bedeutet dies, dass eine gute Vertrauensbasis zwischen Abgeber:in und Nachfolger:in essenziell ist. Dies kann durch Praxisvertretungen, Kooperationen zwischen Praxen und Kliniken oder eine Anstellung erfolgen. Wichtig ist auch, innerhalb der Fachgesellschaft oder des Berufsverbandes ein starkes Netzwerk zu etablieren. Ich fand zudem das ehrenamtliche Mentoring, das es innerhalb des Deutschen Ärztinnenbundes gibt, sowie ein kommerzielles Berufscoaching als sehr hilfreich.
„Frauen gründen anders als Männer“: Was genau ist damit gemeint? Und worin liegt der Unterschied?
Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich vorab die Auswertung der apoBank von 2021 zitieren (https://newsroom.apobank.de/pressreleases/apobank-analyse-aerztinnen-gruenden-lieber-einzelpraxen-3147362). Laut dieser Analyse wird seit Jahren beobachtet, dass Frauen bei der Niederlassung zurückhaltender investieren und eher Praxen mit niedrigeren Kaufpreisen übernehmen. Auch gründen Ärztinnen eher Einzelpraxen als Ärzte. Jedoch hat sich in den letzten zehn Jahren der Anteil an Ärztinnen bei den Existenzgründern stetig erhöht und mittlerweile bei gut 60 Prozent eingependelt.
Allerdings ist der Anteil von niedergelassenen Ärztinnen sehr vom Fachgebiet abhängig. Es gibt Fachbereiche, in denen die niedergelassenen Ärztinnen dominieren, andere sind fest in Arzthand. In meinem Fachbereich, der Radiologie, ist zum Beispiel der Anteil niedergelassener Radiologen deutlich höher als der der niedergelassenen Radiologinnen. Dies hat unterschiedliche Gründe. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine männlichen Kollegen die besseren Netzwerke haben und sich unternehmerische Verantwortung eher zutrauen. Auch haben wir Fachärztinnen mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Bei meinen Bewerbungen wurde nicht automatisch davon ausgegangen, dass ich Teilhaberin werden möchte. Häufig wurde gedacht, dass ich (als Mutter) nur in Teilzeit arbeiten und nicht an der Geschäftsführung beteiligt sein wolle, beziehungsweise ein Wohnortwechsel für mich und meine Familie nicht infrage komme. Leider gibt es auch Praxisvermittler, die diese Vorbehalte haben. Das hat zur Folge, dass wir Fachärztinnen seltener als potenzielle Nachfolgerinnen wahrgenommen werden.
Zudem stehen Ärztinnen vor größeren Herausforderungen, Erwerbstätigkeit und unbezahlte Sorgearbeit miteinander zu vereinen, als unsere männlichen Kollegen. Die Erlanger Längsschnittstudie BELA-E hat gezeigt, dass Ärztinnen Partner haben, die zu 85 Prozent denselben Bildungsabschluss haben, zu 40 Prozent selbst Ärzte sind und zu 91 Prozent in Vollzeit arbeiten. Bei Ärzten hingen sind die Prozentsätze in allen Bereichen niedriger, sie haben also eher Partnerinnen, die ihnen „den Rücken freihalten“.
Trotzdem möchte ich gerade meinen Kolleginnen Mut machen, die Niederlassung als Karriereoption zu erwägen. Denn die eigene Praxis kann Freiräume für mehr Selbstbestimmung und flexible Möglichkeiten der Berufsausübung schaffen. Selbst Arbeiten in Teilzeit ist mittels einer Teilzulassung möglich und durch kooperative Praxisformen können die individuellen Vorstellungen vom eigenen Arbeitspensum gut realisiert werden.
Sie sind aus der Gründungsphase schon raus. Wollen Sie zum Schluss noch ein Fazit ziehen und an der Niederlassung interessierten Ärzt:innen einen letzten hilfreichen Tipp auf den Weg geben?
Ich habe sieben Jahre lang nach einer passenden Praxis gesucht und fünf gescheiterte Praxiseinstiegsverhandlungen hinter mir. In diesem Prozess ist für mich zum entscheidenden Kriterium geworden, dass die Unternehmensführung und die Unternehmensphilosophie der Praxis, die ich übernehmen oder in die ich einsteigen will, zum eigenen fachlichen Schwerpunkt, zu den eigenen Werten und zur Persönlichkeit passen muss. Sobald rechtliche Grauzonen, zum Beispiel in Bezug auf Steuerthemen oder die Gesellschaftsanteile (Stichwort Scheinselbstständigkeit) tangiert werden, sollten Interessierte aussteigen. Auch das hat mit dem Wertewandel der Ärztegenerationen zu tun. Es gilt jetzt das Antikorruptionsgesetz. Was vor einigen Jahren noch ein Kavaliersdelikt war, ist heute eine Straftat, die zum Verlust der Approbation führen kann. Ferner sollte bedacht werden, dass sich der Markt in Zeiten des Fachkräftemangels, auch beim nicht-ärztlichen Personal, gedreht hat: Praxen müssen für die nachfolgende Generation attraktiv sein, um überhaupt übergabefähig sein und weiterhin Bestand haben zu können. Aber bleiben Sie dran, wenn ich Ihr Interesse an der Niederlassung wecken konnte! Es gibt nichts Schöneres, als als niedergelassene Fachärztin tätig zu sein. Ich kann aus vollem Herzen sagen, dass ich meinen Traumberuf ausübe.
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