Die Corona-Pandemie hat den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) verstärkt in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Infektionsschutz ist jedoch nur eine von vielen Aufgaben des ÖGD. Das Aufgabenspektrum ist vielfältig und die Tätigkeit ist eine interessante Alternative zum Krankenhaus oder zur Praxis. Neben Hygieneüberwachung in Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen umfassen die Tätigkeiten unter anderem auch umweltbezogenen Gesundheitsschutz, Trinkwasserhygiene, Medizinal- und Betäubungsmittelaufsicht sowie Kinder- und Jugendmedizin.
Weiterhin sind Gesundheitsuntersuchungen und Begutachtungen zu unterschiedlichen medizinischen Fragestellungen, beispielsweise für die Einstellung von Beamten, ein Tätigkeitsbereich. Zum Bewältigen der vielfältigen Aufgaben arbeiten interdisziplinäre Teams unter anderem aus Ärztinnen und Ärzten, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Fachkräften der Sozialmedizin sowie Hygienekontrolleurinnen und Hygienekontrolleuren in den Gesundheitsämtern.
Die Akademie
Für die breit gefächerten und fachlich anspruchsvollen Aufgaben wird gut ausgebildetes Personal benötigt. Die erforderliche Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals im ÖGD bietet in Bayern die Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) an.
Die Lernangebote werden kontinuierlich inhaltlich und methodisch-didaktisch weiterentwickelt. Bereits vor der Corona-Pandemie wurde E-Learning in das Angebot integriert. Das ermöglichte die zügige Fortführung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Jahr 2020 über Online-Angebote.
Der Weg zur Amtsärztin/zum Amtsarzt in Bayern
Die Ärztinnen und Ärzte im ÖGD sind vorwiegend bei den Landratsämtern (Gesundheitsverwaltung) beschäftigt. Weitere Dienststellen sind im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, bei den Regierungen oder im Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Zur Kursweiterbildung Öffentliches Gesundheitswesen werden die Ärztinnen und Ärzte über ihre Dienststellen entsandt. Die Ausbildung erfolgt im Arbeitnehmerverhältnis. Sie dauert mindestens 15 Monate und umfasst einen berufspraktischen Teil (Praktika) und einen fachtheoretischen Teil (Lehrgang). Voraussetzungen für die Zulassung zum Lehrgang sind unter anderem eine dauernde Berechtigung für die Ausübung des ärztlichen Berufs in Deutschland und der Nachweis von mindestens einem Jahr und sechs Monaten hauptberuflicher ärztlicher Tätigkeit. Die AGL führt den Lehrgang durch, der circa 720 Unterrichtseinheiten umfasst. Der Amtsarztlehrgang beginnt in der Regel jährlich im Oktober und schließt mit der Amtsarztprüfung ab.
Nach erfolgreich abgeschlossener Amtsarztprüfung, können die Ärztinnen und Ärzte in Bayern in das Beamtenverhältnis übernommen werden, wenn sie die persönlichen Vorraussetzungen erfüllen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die Verordnung über den fachlichen Schwerpunkt Gesundheitsdienst (FachV-GesD).
Eine Kursweiterbildung ist Bestandteil der Facharztausbildung für Ärztinnen und Ärzte im Gebiet Öffentliches Gesundheitswesen. Die Anerkennung als Fachärztin/Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen erfolgt in Bayern nicht über die Ärztekammer, sondern über das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Der Weg dahin beinhaltet weitere Voraussetzungen. Neben einer Teilnahme am Amtsarztlehrgang und dem erfolgreichen Abschluss der zugehörigen Prüfung sind die geforderten Weiterbildungszeiten (60 Monate ärztliche Tätigkeit, davon mindestens 30 Monate im öffentlichen Gesundheitswesen) nachzuweisen.
Der Amtsarztlehrgang
Um die Ausbildung auch Ärztinnen und Ärzten zu ermöglichen, die familiäre Verpflichtungen haben, wurde der Lehrgang 2020 neugestaltet und kann jetzt auch in einer Teilzeitvariante belegt werden.
In dem Lehrgang werden alle relevanten Themengebiete des ÖGD behandelt.
Der Lehrgang ist in vier Module gegliedert:
Das Modul 1 beginnt mit einem Kompetenzseminar, das unter anderem Kommunikation und Arbeiten im Team thematisiert. Weitere Inhalte des Moduls sind Epidemiologie, Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitsplanung, Gesundheitsförderung und Prävention sowie schul- und jugendärztliche Aufgaben des ÖGD.
Das Modul 2 umfasst die Themen Recht und Verwaltung, Organisation und Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitswesens; diese sind für Ärztinnen und Ärzte oft neu, aber für das Arbeiten an den Gesundheitsämtern ebenso relevant.
Im Modul 3 werden die Themengebiete Infektionsschutz, Hygiene sowie Wasserhygiene aufgegriffen. Aufgebaut wird hier auf die Kompetenzen, die Ärztinnen und Ärzte zum Teil bereits durch ihre Berufsausbildung mitbringen. Die Inhalte Infektiologie und Hygiene werden unter anderem um rechtliche Grundlagen ergänzt.
Im Modul 4 werden die Themen umweltbezogener Gesundheitsschutz, Umweltmedizin, medizinische Begutachtungen im ÖGD sowie Sozialmedizin und sozialpsychiatrische Aufgaben behandelt.
Während die Vollzeitteilnehmerinnen und -teilnehmer von Oktober bis Juni alle vier Module belegen, nehmen Teilzeitteilnehmerinnen und -teilnehmer im ersten Jahr an den Modulen 1 und 3 teil und schließen im zweiten und letzten Ausbildungsjahr die Module 2 und 4 an. Die einzelnen Themengebiete werden direkt im Anschluss an die Module mit schriftlichen Modulprüfungen abgeschlossen.
Der Unterricht findet zum großen Teil im Fernlernen in Form von Online-Seminaren, Vortragsaufzeichnungen oder auch mit Fernlernskripten zum Selbststudium statt. Die beschriebenen Unterrichtsformate werden zum Teil im Sinne des Blended-Learnings kombiniert.
Um Teilnehmenden bereits Einblicke in die Praxis zu geben, sind interessante Exkursionen, beispielsweise in Bereiche der Wasserversorgung, ein fester Bestandteil des Präsenzunterrichts.
Aufgrund einer Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München besteht für die Vollzeitteilnehmenden des Amtsarztlehrgangs die Möglichkeit, den Master of Science in Public Health mit der Spezialisierung Health Administration und Management (HAM) zu erwerben.
Ausblick
Da in den nächsten Jahren aufgrund zusätzlicher Stellen für den ÖGD ein großer Ausbildungsbedarf erwartet wird, müssen die Weiterbildungsanbieter sich dafür rüsten. Hier werden der konsequente Ausbau von guten Online-Lernangeboten und die geschickte Verknüpfung mit Präsenzangeboten eine wichtige Rolle spielen.
Zusammenfassung
Die Kursweiterbildung Öffentliches Gesundheitswesen erfolgt in Bayern bei der Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In dem Lehrgang werden alle relevanten Aufgaben und Themengebiete des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) behandelt. Der Amtsarztlehrgang ist familienfreundlich organisiert. Er wird zu großen Teilen im Fernlernen angeboten und kann auch in einer Teilzeitvariante besucht werden.
Dr. Nina Fuchs
1992 – 1999: Studium der Humanmedizin, Medizinische Universität zu Lübeck
2014 – 2016: Studium Master of Public Health, Ludwig-Maximilians-Universität München
Dr. Hedwig Spegel
1989 – 1994: Studium der Soziologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
1996 – 1998: Studium Master of Public Health, Ludwig-Maximilians-Universität München
Weitere Beiträge zum Thema „Mediziner:innen im ÖGD“ finden Sie hier.