Viele Menschen halten nach ihrem Arztbesuch einen Befund in den Händen, doch dieser ist für sie unverständlich und sie bleiben ratlos zurück. Das kann ziemlich frustrierend sein. Die Organisation „Was hab‘ ich?“ hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Laien die Befunde einfach und verständlich zu erklären.
Was war die Initialzündung für „Was hab‘ ich“?
„Was hab‘ ich?“ wurde von zwei Medizinstudierenden und einem Informatiker ins Leben gerufen. Die beiden Mediziner:innen wurden oft von Bekannten um die Erklärung medizinischer Befunde gebeten. Die drei fragten sich: Was machen eigentlich die Menschen, die keine Mediziner:innen in ihrem Bekanntenkreis haben? Daraus entstand die Idee zu „Was hab‘ ich?“. Nur vier Tage nach der Idee ging die Website washabich.de online. Schon nach 12 Minuten sendete der erste Patient einen Befund ein, nach vier Wochen waren es bereits 500 Befunde. Die Gründer:innen merkten schnell, dass der Bedarf an Befunderläuterungen sehr groß war.
Können Sie uns kurz das genaue Konzept erläutern?
Wir möchten, dass alle Menschen jederzeit die Gesundheitsinformationen erhalten, die sie benötigen – diese müssen verständlich und so individuell wie möglich sein. Denn: Verstehen ist gesund! Patient:innen sollen ihrer Ärztin oder ihrem Arzt die richtigen Fragen stellen und bewusste Entscheidungen für den Behandlungsverlauf treffen können. Dafür können sie ihre Befunde auf washabich.de einsenden und erhalten kostenlos und anonym eine leicht verständliche Erläuterung. Die Übersetzungen werden ehrenamtlich von hunderten Medizinstudierenden und Ärzt:innen erstellt.
Gleichzeitig erhalten die Mediziner:innen zu Beginn ihrer Tätigkeit eine intensive Ausbildung in patientenverständlicher Kommunikation durch die festangestellten „Was hab‘ ich?“-Ärzt:innen. Sie lernen, komplexe medizinische Texte laienverständlich zu erläutern. Die Ausbildung wird mit einem Zertifikat abgeschlossen, Ärzt:innen erhalten dafür Fortbildungspunkte. Weit über 2.500 Mediziner:innen konnten wir bereits für verständliche Kommunikation sensibilisieren. Sie können ihre erlernten Fähigkeiten noch ihr gesamtes Berufsleben lang in Patientengesprächen einsetzen.
Was waren bisher die größten Schwierigkeiten, die Ihr überwinden musstet?
Das Bewusstsein für die Bedeutung verständlicher Kommunikation wird immer größer – daher erfahren wir viel Unterstützung. Unter anderem zählen zwei ehemalige Bundesgesundheitsminister zu unseren Förderern, wir haben zahlreiche Preise gewonnen. Eine der größten Herausforderungen ist es, nachhaltige Lösungen zur Verbesserung der Arzt-Patienten-Kommunikation, in die bestehenden Strukturen im Gesundheitswesen zu integrieren – und das auch zu finanzieren.
Welchen genauen Mehrwert schaffen Sie für die Gesellschaft?
Unsere Lösungen können zu einer Verbesserung der Gesundheitskompetenz beitragen.
Neben der Befundübersetzung auf washabich.de und der Kommunikationsausbildung für Mediziner:innen arbeiten wir an weiteren Lösungen, mit denen wir möglichst viele Patient:innen mit verständlichen Gesundheitsinformationen erreichen können. Dazu gehören unsere Patientenbriefe – leicht verständliche Entlassbriefe, die auf Knopfdruck komplett automatisiert durch eine von uns entwickelte Software erzeugt werden können. In einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie konnten wir nachweisen, dass unsere Patientenbriefe signifikant die Gesundheitskompetenz der Patient:innen steigern. Der G-BA hat die Patientenbriefe für die Überführung in die Regelversorgung empfohlen.
Um Patienten umfänglich zu beraten, können sich Ärztinnen und Ärzte bei Ihnen bewerben und dies ehrenamtlich übernehmen. Wer kann sich für dieses Ehrenamt bewerben und was muss er mitbringen?
Alle Medizinstudierende ab dem 8. Fachsemester und Ärzt:innen können die Kommunikationsausbildung bei uns kostenfrei durchlaufen. Das ist sehr flexibel: Die Ausbildung und die ehrenamtliche Tätigkeit können bei freier Zeiteinteilung von jedem Ort aus durchgeführt werden. Die größte Motivation für unsere Ehrenamtlichen sind übrigens die Feedbacks der Patient:innen – deren Dankbarkeit ist oft unglaublich groß.
Welche Tätigkeiten kommen auf die Mediziner:innen zu?
Die Übersetzungen werden in unserem internen Portal direkt auf washabich.de durchgeführt, dafür benötigt man nur zum Beispiel einen Laptop. Durch unsere Schulung erhalten die Mediziner:innen das nötige Handwerkszeug, um komplexe Medizin verständlich zu machen.
Als gemeinnützige GmbH haben Sie keine klassischen Einnahmen, wie andere Unternehmen. Wie sieht Ihre Refinanzierung aus?
Als gemeinnütziges Unternehmen ist für uns die Finanzierung auch nach über 10 Jahren eine Herausforderung. Wir erhalten zwar Spenden von Patient:innen, Forschungsgelder beziehungsweise können uns als Dienstleister durch das Erstellen verständlicher Gesundheitstexte für andere Organisationen finanzieren, aber eine nachhaltige Lösung gibt es dafür bislang noch nicht.