Als größte Stadt Nordrhein-Westfalens hat der Öffentliche Gesundheitsdienst in Dortmund einen zentralen Stellenwert. Das Gesundheitsamt Dortmund bietet aber nicht nur der Bevölkerung einen Anlaufpunkt für Beratung, sondern auch jungen Ärztinnen und Ärzten ein attraktives und spannendes Arbeitsumfeld. Der Amtsleiter Dr. Frank Renken (Bild) stellt sich unseren Fragen und erzählt, wie sie den Sprung ins Employer Branding gewagt haben und welche Aufgaben auf interessierte Ärztinnen und Ärzte im Gesundheitsamt Dortmund warten.
Welches sind die großen Herausforderungen, mit denen sich der Öffentliche Gesundheitsdienst in den kommenden Jahren beschäftigen wird?
Soziale Ungleichheit führt zu ungleichen Gesundheitschancen. Daher ist es eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), zu mehr gesundheitlicher Chancengerechtigkeit beizutragen. Bereits lange vor der Corona-Pandemie haben wir daher im Gesundheitsamt Dortmund ein Gesundheitsziel für Kinder und Jugendliche in unserer Stadt formuliert. Kinder sollen auch unter schwierigen Lebensbedingungen in unserer Stadt gesund aufwachsen. Dazu haben wir bereits Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention initiiert. Eine Folge der Pandemie ist, dass gerade diese Kinder in den letzten zwei Jahren besonders stark benachteiligt wurden. Wir werden mit anderen Ämtern der Stadtverwaltung, wie dem Jugendamt und den Schulen, in den nächsten Jahren unsere Maßnahmen deutlich intensivieren.
Welche Herausforderungen kommen speziell durch die Demographie auf den ÖGD zu?
In einer Großstadt wie Dortmund gibt es verschiedene Herausforderungen, die die Demographie mit sich bringt. Einerseits haben wir eine Zunahme des Anteils älterer Menschen. Andererseits ist die Stadtgesellschaft vom Zuzug vieler Menschen aus Südosteuropa geprägt, die im Rahmen der EU-Erweiterung zu uns kommen. Ebenso wie Geflüchtete, besonders aus arabischen Ländern. Der ÖGD ist gefordert, hier mit anderen Akteuren für adäquate Angebote der Gesundheitsförderung zu sorgen. Als Grundlage dient uns die Gesundheitsberichterstattung, für die wir auf kommunaler Ebene zuständig sind.
Der Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst soll die Gesundheitsämter finanziell unterstützen, Stellen zu besetzen beziehungsweise neue zu schaffen. Spüren Sie eine positive Auswirkung durch diese staatliche Unterstützung?
Unser Gesundheitsamt war schon vor der Pandemie im Vergleich personell gut aufgestellt. Mit etwa 185 Mitarbeitenden, darunter 44 Ärzt:innen, konnten wir den Herausforderungen der Pandemie relativ gut begegnen. Dennoch hat die Dimension dieser Pandemie auch uns schnell überfordert. In der Spitze waren im Amt fast 500 Personen tätig, um die Meldungen zu verarbeiten, Kontaktnachverfolgungen zu sichern und Ausbrüche in Heimen, Krankenhäusern oder Gemeinschaftseinrichtungen zu bewältigen. Im Rahmen des Paktes für den ÖGD werden wir 2023 auf etwa 220 Mitarbeitende anwachsen. Die neu geschaffenen Stellen erstrecken sich auf sehr viele Aufgabengebiete. Wir haben dabei unsere Zukunftsfelder ebenso im Auge wie unsere altbekannten Pflichtaufgaben.
Welche weiteren staatlichen Unterstützungen würden den Öffentlichen Gesundheitsdienst entlasten?
Es ist gut, wenn die Bundes- und die Landesebenen verstehen, dass ein gut funktionierender ÖGD in allen Kommunen sehr wichtig ist. Es wäre daher gut, wenn die aktuelle Situation, wonach die durch den Pakt für den ÖGD geförderten Stellen auf 5 Jahre befristet sind, schnellstmöglich beendet wird. Alle Ebenen sollten ihre Finanzierungszusagen auf Dauer einhalten. Nur wenn wir unbefristete Stellen anbieten können, finden wir das qualifizierte Personal, das wir brauchen.
Die jüngere Generation möchte jedoch nicht nur durch eine Stellenanzeige angesprochen werden, sondern auch durch interne Einblicke in das Unternehmen. Viele kommunale Arbeitgeber setzen noch auf eine defensive Kommunikation in Sachen Personalgewinnung.
Der Öffentliche Dienst war es über Jahrzehnte gewohnt, ausreichenden Nachwuchs zu finden. Diese Zeiten sind vorbei. Diese Erkenntnis benötigt offenbar in vielen Verwaltungen noch etwas Zeit, um sich durchzusetzen. In Dortmund wurde dies bereits erkannt. Bis wir aber so modern auf Personalsuche gehen können, wie es die Privatwirtschaft schon tut, wird es noch dauern. Aber der Wandel hat definitiv begonnen. Im Gesundheitsamt habe ich schon mehreren Interessent:innen für Arztstellen eine Hospitation ermöglicht. Das hat nicht immer dazu geführt, dass die Kolleg:innen dann auch gekommen sind. Aber ich denke, dass es auch gut ist, wenn man dabei erkennen kann, dass man sich die Stelle anders vorgestellt hat.
Müssen sich Ihrer Meinung nach kommunale Arbeitgeber intensiver um ihr Employer Branding kümmern?
Ich würde das ausdrücklich bejahen. Ein großer Arbeitgeber wie die Stadt Dortmund mit zirka 9.000 Mitarbeitenden in der Gesamtverwaltung kann viele Angebote für die Mitarbeitenden vorhalten, die kleinere öffentliche Arbeitgeber nicht haben. Bezogen auf die Arbeit im Gesundheitsamt weiß ich, dass wir von vielen kommunalen sozialpolitischen Entscheidungen unterstützt werden. Diese führen dann dazu, dass Personalforderungen eher entsprochen wird, weil unsere Aufgaben als unverzichtbar für die Stadt angesehen werden. Das erklärt, warum wir zu den Gesundheitsämtern gehört haben, die vergleichsweise schon vor der Pandemie personell besser ausgestattet waren.
Welchen Stellenwert hat das Gesundheitsamt in Dortmund?
Das Gesundheitsamt Dortmund hat einen sehr hohen Stellenwert in der Stadt. Wir bieten einige Gesundheitshilfen an, die es so nur in wenigen deutschen Gesundheitsämtern gibt. Wir haben Ambulanzen für nicht krankenversicherte Kinder und Schwangere sowie für wohnungslose Menschen. Außerdem haben wir eine Methadonambulanz, in der täglich etwa 150 Menschen substituiert werden. Wir haben zu Beginn der Pandemie eine eigene Teststelle im Gesundheitsamt aufgebaut und haben in besonderen Fällen Arztpraxen mit Schutzmaterialien ausgestattet, weil dort Masken und Schutzkittel nicht vorhanden waren. Projekte zur Gesundheitsförderung von Kindern werden von uns teilweise selbst aufgebaut und erprobt. Gerade haben wir ein Projekt zur dauerhaften Umsetzung von Gesundheitsförderung an den Grundschulen gestartet, das schon 2020 starten sollte, Pandemie bedingt aber erst jetzt beginnen konnte.
Wen suchen Sie konkret und welche Karriereperspektiven können Sie den Ärzt:innen bieten?
Aktuell suchen wir ärztliche Kolleg:innen für die Bereiche Begutachtung und Infektionsschutz. Bei uns ist der altersbedingte Personalwechsel in vielen Abteilungen im Gange. Daher suchen wir in den kommenden Jahren auch Kolleg:innen, die sich für Leitungsaufgaben in den jeweiligen Bereichen interessieren. Also Personalverantwortung übernehmen möchten und in ihren Arbeitsbereichen etwas be-wegen wollen. Wir denken unsere Aufgaben immer wieder neu. Wir wollen die Aufgaben intensiver bearbeiten, die von den Bürger:innen nachgefragt werden und für die wir einen Bedarf erkennen können. Der gesellschaftliche Wandel erfordert es, dass auch wir reagieren und uns bedarfsgerecht weiterentwickeln.
Bieten Sie zusätzliche Unterstützung für Ärzte und Ärztinnen, mit denen Sie um interessierte Kandidaten werben?
In finanzieller Hinsicht bieten wir Ärzt:innen je nach Qualifikation eine Zulage zum Tarifgehalt. Bei der Wohnungssuche können wir unterstützen. Wir bieten aber auch ein sehr gutes Betriebsklima und in vielen Bereichen die Möglichkeit, aktiv an der Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches mitzuwirken. Als Großstadt mit inzwischen knapp 600.000 Einwohner:innen hat Dortmund außerdem ein sehr gutes kulturelles Angebot. Als Oberzentrum sind wir eine der größten Einkaufsstädte in NRW. Wir haben große Parks und einen Zoo, der immer wieder einen Besuch wert ist und sich als pädagogisches Angebot definiert. Daher sind die Eintrittspreise niedrig und die Angebote für Kinder riesig. Wer städtisch wohnen und leben möchte, wird in Dortmund also nicht enttäuscht werden. Wer es ruhiger mag, findet im nahen Sauerland Angebote oder zieht nicht in die Stadt, sondern in angrenzende kleinere Kommunen, die mit ÖPNV oder Auto sehr gut erreichbar sind. Tickets für den Nahverkehr werden bezuschusst und gerade läuft ein Programm für Mitarbeiter:innen, ein E-Bike über den Arbeitgeber günstig zu leasen.
Welche Persönlichkeiten fühlen sich bei Ihnen im Gesundheitsamt Dortmund besonders wohl?
Wir suchen Ärztinnen und Ärzte, die engagiert für die Gesundheit der Bevölkerung arbeiten wollen, aber nicht mehr in der kurativen Medizin tätig sein möchten. Sie können das dort tun, wo wir Pflichtaufgaben durchführen, die sich regelmäßig wiederholen. Dazu gehören etwa die Begutachtungen oder die Schuleingangsuntersuchungen. Dort werden sich die Kolleg:innen wohlfühlen, die klare Aufgabenstellungen und sehr regelmäßige Arbeitszeiten bevorzugen. Vielleicht auch, weil Familie und Beruf unter einen Hut gebracht werden können. Andererseits haben wir den Infektionsschutz und die Umweltmedizin. Dort sind die Aufgaben zwar auch überwiegend gut planbar, aber öfters müssen hier Arbeiten auch außerhalb der normalen Arbeitszeit erledigt werden.
Zu guter Letzt: Gibt es ein Vorurteil gegenüber dem ÖGD, mit dem Sie dringend aufräumen möchten?
Wer meint, dass man dann in den ÖGD gehen kann, wenn man für keine andere ärztliche Tätigkeit mehr geeignet ist, den muss ich enttäuschen. Bei uns sind die Belastungen zwar im Schnitt niedriger als in Klinik oder Praxis. Aber wir brauchen qualifizierten und engagierten ärztlichen Nachwuchs, um unsere Aufgaben erfüllen zu können. Unsere Aufgabe ist es, den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt medizinische Dienstleistungen und subsidiäre Gesundheitshilfen auf einem hohen Qualitätsniveau anzubieten.
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