Sarah Sprinz kennt man von der SPIEGEL Bestsellerliste mit Titeln wie „In unserem Universum sind wir unendlich“ oder der New Adult Trilogie „Dunbridge Academy“. Doch neben ihrer Karriere als Autorin erfüllt sie sich einen weiteren beruflichen Traum: eine Karriere als Ärztin. Uns erzählt sie von ihren beiden Standbeinen, ihrer Zukunft in der Medizinbranche und gibt Tipps, auf welche Punkte man vor der Wahl des Praktischen Jahres achten sollte.
Frau Sprinz, was hat Sie dazu bewegt, Humanmedizin zu studieren?
Der Wunsch, einen Beruf zu erlernen, der mich gleichermaßen erfüllt und mir sinnhaft vorkommt.
Derzeit sind Sie im PJ in der Chirurgie tätig. Haben Sie auch in andere Fachdisziplinen reingeschnuppert?
Während des Praktischen Jahres sind chirurgische Disziplinen und die Innere Medizin Pflichtstationen. Für mein Wahltertial habe ich mich für die Psychosomatik entschieden und würde es jederzeit wieder tun. Auch die Chirurgie hat mich begeistert, auch wenn ich mir aktuell nicht vorstellen könnte, die Weiterbildung in diesem Fach zu beginnen.
Haben Sie schon einen Plan, welchen Karriereweg Sie in der Medizin anstreben?
Während der vielen Famulaturen und Praxiseinheiten im Studium habe ich besonders das psychiatrische und psychotherapeutische Arbeiten für mich entdeckt. Mir macht es am meisten Freude, mit Patient:innen ins Gespräch zu gehen und von ihren Schwierigkeiten und Problemen zu erfahren. Die Psychosomatik hat mich im PJ begeistern können, weil sie diese Bereiche mit der klassischen Schulmedizin vereint. Ich könnte mir gut vorstellen, eines Tages in meinem ehemaligen PJ-Haus, einer renommierten Klinik für Psychosomatik, die Weiterbildung als Assistenzärztin zu beginnen.
Einige Studierenden haben ein mulmiges Gefühl vor ihrem PJ, da sie nun die Hörsäle verlassen und in den Klinikalltag schnuppern dürfen. Wie ging es Ihnen in dieser Situation?
Sehr ähnlich. Ich hatte großen Respekt vor dem PJ, insbesondere vor einem PJ unter Pandemiebedingungen. Zum Glück waren all meine Tertiale außerordentlich gut organisiert, sodass ich mich zu jeder Zeit wunderbar betreut, gefordert, aber nie überfordert gefühlt habe. Mir hat es sehr gut gefallen, während des Praktischen Jahrs in einem geschützten Rahmen das selbstständige Arbeiten als Ärztin zu trainieren. Für mich hat sich im PJ nach den vielen Jahren theoretischer Ausbildung der Kreis geschlossen. Das war ein tolles Gefühl.
Welche positiven und negativen Ereignisse sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?
Ein eindrucksvoller Moment war für mich die Erkenntnis, dass ich mehr medizinisches Wissen besitze als ich dachte. Oft hatte ich während der Vorklinik und Klinik die Befürchtung, nichts von alldem behalten zu können, was ich mir mühsam für die Prüfungen angeeignet habe. Im PJ ist mir bewusst geworden, dass sowohl das theoretisch als auch praktisch Erlernte nicht urplötzlich verpufft – auch wenn man natürlich gerade in der Medizin nie ausgelernt haben wird.
Weniger positiv war sicherlich die Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen für Studierende im Praktischen Jahr stark reformbedürftig sind. Das ging von nicht-existierenden Arbeitnehmerrechten bis zur (wenn überhaupt) minimalen finanziellen Entlohnung unserer Arbeit. Ich würde mir wünschen, dass auch die Studierenden im Praktischen Jahr angemessen für ihren Einsatz entlohnt werden. Einfach, um diesen wichtigen und herausfordernden Abschnitt der medizinischen Ausbildung ohne Existenzängste angehen zu können.
Können Sie Tipps für ein „perfektes“ PJ geben?
Mir hat es sehr geholfen, mich vorab auf Plattformen wie pj-ranking.de über die Einsatzbereiche, Arbeitszeiten und Lehrangebote der verschiedenen Häuser zu informieren. Gibt es eine:n PJ-Beauftragte:n, die/der sich vor Ort um die Anliegen der Studierenden kümmert und ansprechbar ist, falls einmal etwas nicht rund läuft? Wo werde ich wohnen, wie kann ich mir Unterkunft und Lebenshaltungskosten während des Tertials finanzieren? Sinnvoll ist sicherlich auch, sich vorab zu überlegen, ob man eher für das PJ in einer großen Uniklinik (hoher Durchlauf, viele spannende Bereiche, ebenfalls viele Mit-PJler/Famulant:innen, Praktikant:innen mit denen man sich die Aufgaben teilt, unpersönlicheres Arbeiten auf den Stationen etc.) oder einem kleinen Haus (weniger breites Behandlungsspektrum, man ist womöglich die/der einzige Studierende und wird eher für anfallende ärztliche und nichtärztliche Aufgaben herangezogen) gemacht ist. Eine PJ-Weiterbildungsstätte, die weder Lehre noch Aufwandsentschädigung welcher Form auch immer anbieten kann, war für mich eine Red Flag. Das PJ ist die letzte Möglichkeit während des Studiums, für den Berufsstart zu lernen und sich fortzubilden. Ein Tertial, in dem keinerlei Teaching und Unterricht vorgesehen ist, wäre für mich kein gelungenes Tertial.
Sie sind nicht nur angehende Ärztin, sondern auch Spiegel-Bestseller-Autorin. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Das Schreiben begleitet mich schon seit mehr als zehn Jahren. Damit angefangen habe ich während meiner Schulzeit und bin froh, dass ich es auch im Medizinstudium nicht aufgegeben habe.
Neben dem Studium/PJ Bücher zu schreiben kann ziemlich aufwendig sein. Wie gehen Sie mit der Doppelbelastung um?
Ich setze Prioritäten und teile meine Zeit gut ein. Mitstudierende mit Familie, zeitintensiven Hobbys oder Jobs müssen das schließlich auch. Für mich ist das Schreiben Ausgleich und Nebenjob gleichermaßen. Ich könnte und wollte nicht darauf verzichten, auch wenn es während Prüfungsphasen und den Staatsexamina nicht immer einfach war. Jetzt bin ich sehr froh, mir gleich zwei Standbeine aufgebaut zu haben – und damit zwischen zwei Berufsmöglichkeiten wählen zu können, die mich erfüllen und begeistern. Als Autorin und angehende Ärztin fühle ich mich komplett. Ich würde die Erfahrungen, die ich in diesen extrem gegensätzlichen Branchen machen durfte, nicht missen wollen.
Möchten Sie zukünftig beiden Berufen weiter nachgehen oder ist Ihr Ziel, später nur eines von beiden auszuüben?
Tatsächlich möchte ich mich nach dem Studienabschluss vorerst auf das Schreiben weiterer Romane konzentrieren. Mit mehreren geplanten Buchprojekten und bevorstehenden Deadlines in die Weiterbildungszeit als Assistenzärztin zu starten, scheint mir nicht ideal und das Schreiben aufzugeben, kommt derzeit nicht für mich in Frage. Ich freue mich darauf, herauszufinden, was die Buchbranche in Zukunft noch für mich bereithält und bin zugleich froh, mit der Approbation bald die Möglichkeit zu haben, jederzeit eine medizinische Karriere zu beginnen.
Mit welchen Hürden hatten/haben Sie als Autorin zu kämpfen?
Es gehört viel Glück dazu, in der Buchbranche Fuß zu fassen. Die Programmplätze der großen Publikumsverlage sind begrenzt und hart umkämpft. Konkurrenzkampf dieser Art war mir im Medizinstudium fremd, ist in den kreativen Berufen aber leider keine Seltenheit. Gleichzeitig ist das Schreiben ein Handwerk, das ich – anders als die Medizin – nie in einem universitären Kontext erlernt habe. Die eigene Tonalität zu finden, Storytelling und Charakterentwicklung zu beherrschen, braucht viel Übung und Selbststudium. Aber auch als veröffentlichte Autorin wird es nicht einfacher. Jedes Buch, das in die Welt entlassen wird, wird von der Öffentlichkeit kritisiert und Kritik an einer so persönlichen Arbeit wie dem Schreiben kann wehtun. Ich lerne noch, damit umzugehen und mir mit meinem eigenen Perfektionismus nicht im Weg zu stehen.
Wenn Sie an Ihren größten Erfolg jenseits der Spiegel-Bestsellerliste denken: Welcher wäre das?
Die Tatsache, nicht einen meiner beiden großen Träume für den anderen aufgegeben zu haben – auch, wenn das zwischenzeitlich alles andere als einfach war.
Sarah Sprinz wurde 1996 in Tettnang geboren. Für ihr Medizinstudium verschlug es sie nach Aachen, bevor sie zurück an den Bodensee zog. Wenn sie nicht gerade schreibt, lässt sie sich während langer Spaziergänge am Seeufer zu neuen Geschichten inspirieren und träumt von ihren nächsten Reisen nach Kanada und Schottland. Sie liebt Schreibnachmittage im Café, Ahornsirup und den Austausch mit ihren Leser:innen auf Instagram (@sarahsprinz).