Das Interesse an einem Medizinstudium ist nach wie vor ungebrochen hoch. Nur wenige Medizinstudierende können sich aber vorstellen, ihr Leben nach dem Studium im ländlichen Raum zu verbringen. Viele Studierende ziehen Beruf und Leben in den Ballungsgebieten zumeist einem Leben auf dem Land vor. Aufgrund dieser Ausgangslage geht es auch darum, den angehenden Ärztinnen und Ärzten die Vorteile des Lebens und Arbeitens im ländlichen Raum aufzuzeigen.
Stipendium
Um dies zu erreichen, initiierte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (jetzt: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege) im Jahr 2012 das Stipendienprogramm zur Verbesserung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Ziel des Förderprogramms ist es, Medizinstudierende frühzeitig für eine spätere Tätigkeit im ländlichen Raum zu motivieren, um auch in Zukunft eine flächendeckende und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung auf hohem Niveau gewährleisten zu können. Da es auch für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) schwierig ist, ausreichend qualifizierten Nachwuchs zu gewinnen, begrüßt und unterstützt es der Freistaat Bayern auch, wenn Zuwendungsempfänger, die gemäß der Richtlinie ein Stipendium erhalten haben, als Ärztin oder Arzt im ÖGD des Freistaates Bayern oder bei kommunalen Gesundheitsämtern in Bayern tätig werden.
Die Voraussetzungen
Der Freistaat Bayern fördert deshalb Medizinstudierende, die bereit sind, nach dem Studium ihre Facharztweiterbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und auch anschließend als Ärztin oder Arzt für mindestens fünf Jahre auf dem Land – egal ob im Krankenhaus oder in einer Haus- oder Facharztpraxis, oder im ÖGD – tätig zu sein, mit einem Stipendium.
Entsprechend den Voraussetzungen der Förderrichtlinie erhalten Studierende der Humanmedizin, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach der Approbationsordnung für Ärzt:innen bestanden haben, bis zum Ende Ihres Medizinstudiums, längstens jedoch für 48 Monate, einen monatlichen Zuschuss von 600 Euro zur Lebenshaltung.
Stipendiaten, welche die fachärztliche Weiterbildung mindestens 24 Monate im Fördergebiet durchlaufen haben, können im Anschluss eine ärztliche Tätigkeit im ÖGD des Freistaates Bayern oder bei kommunalen Gesundheitsämtern in Bayern aufnehmen. Diese Tätigkeit muss für mindestens 60 Monate aufrechterhalten werden. Eine Bindung an das Fördergebiet besteht für die Zeit der ärztlichen Tätigkeit im ÖGD des Freistaates Bayern oder bei kommunalen Gesundheitsämtern in Bayern nicht.
Die Vorteile
Neben der finanziellen Förderung hat das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege seit Beginn des Wintersemesters 2014/15 als ideelle Förderung ein Stipendiatenseminar für die am Förderprogramm teilnehmenden Stipendiatinnen und Stipendiaten eingerichtet. Das Seminar findet (außer zu Pandemiezeiten) einmal jährlich statt. Es ist interaktiv gestaltet und soll den Stipendiatinnen und Stipendiaten zusätzliches Wissen in einzelnen medizinischen Fachthemen vermitteln, weitere berufstypische Qualifikationen und Kompetenzen, die für ihre spätere Tätigkeit relevant sind, an die Hand geben und zudem eine aktive Mitgestaltung des zukünftigen ärztlichen Berufs in kreativer und innovativer Weise ermöglichen. Zudem bietet dieses Seminar eine Plattform zur Vernetzung untereinander, mit den Referentinnen und Referenten sowie politisch Verantwortlichen.
Seit Beginn des Stipendienprogramms konnten bereits 270 Stipendien gewährt werden. Ein Antrag kann jederzeit mit dem auf der Homepage des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit befindlichen Formular gestellt werden.
Land- und Amtsarztquote für Medizinstudierende
Als weiteren Baustein, um die flächendeckende, wohnortnahe hausärztliche Versorgung in ganz Bayern auch in Zukunft sicherzustellen, trat am 1. Januar 2020 das Bayerische Land- und Amtsarztgesetz in Kraft.Demnach hält der Freistaat Bayern bis zu 5,8 Prozent aller Medizinstudienplätze für Studierende vor, die ein besonderes Interesse an der hausärztlichen Tätigkeit im ländlichen Raum haben (Landarztquote) oder eine Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitsdienst in Bayern (Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst) aufnehmen möchten.
Die Verpflichtungen
Im Rahmen der Landarztquote verpflichten sich die Bewerberinnen und Bewerber, nach erfolgreichem Abschluss des Medizinstudiums in Bayern, eine Weiterbildung als Facharzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt für Innere Medizin zu durchlaufen und nach erfolgreichem Abschluss der fachärztlichen Weiterbildung eine mindestens zehnjährige Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung in einem bayerischen Bedarfsgebiet auszuüben. Bedarfsgebiete sind für die hausärztliche Versorgung in Bayern festgestellten Gebiete, in denen Unterversorgung besteht oder droht.
Im Rahmen der Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst können Bewerberinnen und Bewerber einen Medizinstudienplatz in Bayern erhalten, wenn sie sich dazu verpflichten, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums und einer ärztlichen Berufserfahrung von 18 Monaten, eine Tätigkeit im öffentlichen Gesundheitsdienst in Bayern aufzunehmen und dort die Weiterbildung im Fachgebiet öffentliches Gesundheitswesen zu durchlaufen. Im Anschluss an den erfolgreichen Abschluss der fachärztlichen Weiterbildung beim ÖGD muss eine mindestens weitere zehnjährige hauptberufliche Tätigkeit im ÖGD in Bayern ausgeübt werden.
Alternativ hierzu kann das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zulassen, dass unverzüglich nach erfolgreichem Abschluss des Medizinstudiums eine Weiterbildung als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder als Facharzt für Rechtsmedizin in Bayern durchlaufen wird, und auf die Verpflichtung zur zehnjährigen hauptberuflichen Tätigkeit im ÖGD Zeiten anrechnen, in denen nach erfolgreichem Abschluss dieser Weiterbildung eine hauptberufliche Tätigkeit im gerichtsärztlichen Dienst ausgeübt wird.
Das Bewerbungsportal beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist in der Zeit vom 01. bis zum 28. Februar jeden Jahres für Bewerbungen zum kommenden Wintersemester geöffnet.
Ingeborg Fellinghauer hat in München nach ihrer Ausbildung und mehrjährigen Tätigkeit als Krankenschwester Pflegemanagement studiert. Seit 2014 ist sie beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Pflege für das Förderprogramm zum Erhalt und zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten zuständig.
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