Spannend, verantwortungsvoll und innovativ. So beschreibt Prof. Dr. Alexander Schleppers von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) die Karriereperspektiven in der Intensivmedizin. Im Interview beschreibt der Experte, was die Weiterbildung in der Anästhesiologie so attraktiv macht und wie KI und demografischer Wandel die Intensivmedizin beeinflussen werden.
Wie beurteilen Sie die demografische Entwicklung und Nachwuchssituation in Ihrer Fachrichtung?
Laut der Ärztestatistik der Bundesärztekammer (2023) zeigt sich in der Anästhesiologie eine dynamische Entwicklung: Der Zustrom junger Kolleginnen und Kollegen ist steigend, dennoch wird das Ausscheiden der „Babyboomer“-Generation in den kommenden Jahren eine Herausforderung darstellen. Dies könnte mancherorts zu Engpässen führen.
Während in großen Kliniken weiterhin ausreichend Nachwuchs gewonnen wird, stellt sich die Lage in ländlichen Gebieten anders dar. Hier werden bereits gezielt Anreize geschaffen, um den Berufseinstieg attraktiver zu gestalten. Insgesamt bleibt die Anästhesiologie jedoch ein gefragtes und zukunftssicheres Fachgebiet mit vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten.
Welchen Einfluss wird KI in der Intensivmedizin haben? Welche Ratschläge können Sie jungen Mediziner:innen geben?
Die rasante Entwicklung in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung wird die Anästhesiologie und Intensivmedizin nachhaltig verändern. Wer sich frühzeitig mit diesen Technologien auseinandersetzt – bereits im Studium – eröffnet sich hervorragende Karrierechancen.
In unserem Fachgebiet werden täglich enorme Mengen an Daten generiert, die künftig gezielter für individualisierte Therapieentscheidungen genutzt werden können. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Zusatzweiterbildung „Medizinische Informatik“, die eine wertvolle Qualifikation für die strukturierte Erhebung, Analyse und Interpretation medizinischer Daten darstellt. Sie umfasst die systematische Verarbeitung von Informationen in der Medizin durch die Modellierung und Realisierung von informationsverarbeitenden Systemen.
Die Anästhesiologie bietet hier spannende Möglichkeiten, aktiv an der digitalen Transformation der Medizin mitzuwirken. KI-gestützte Anwendungen könnten in Zukunft dabei helfen, Behandlungspfade zu optimieren, Vorhersagemodelle für Patientinnen und Patienten zu verbessern und klinische Entscheidungsprozesse zu unterstützen. Mit der zunehmenden Digitalisierung – insbesondere in der Anästhesiologie und Intensivmedizin – werden unsere Fachkolleginnen und -kollegen eine Schlüsselrolle an der Schnittstelle zwischen Technologie und Patientenversorgung übernehmen, um gezielt Optimierungen voranzutreiben.
Wieso sollten sich junge Ärzt:innen gerade für eine Weiterbildung in der Anästhesiologie entscheiden?
Studierende erhalten über unsere gerade neu aufgesetzte Plattform www.junge-anaesthesiologie.de wertvolle Einblicke in unser Fachgebiet. Ein guter Einstieg erfolgt häufig über eine Famulatur oder das Praktische Jahr (PJ). In vielen Kliniken gibt es strukturierte Einarbeitungskonzepte, die den Übergang in die Facharztweiterbildung erleichtern, etwa durch längere Supervision und gezielte praktische Schulungen.
Die drei stärksten Argumente für unseren Fachbereich sind:
- Wie haben eine sehr breite Expertise: Als Anästhesistinnen und Anästhesisten sind wir in fast allen operativen und interventionellen Fachrichtungen präsent und arbeiten intensivmedizinisch eng mit konservativen Fachbereichen zusammen. Dadurch haben wir sehr gute klinische Fähigkeiten (körperliche Untersuchung, Sonographie) und auch praktische Fähigkeiten (Sedierung, Intubation, invasive Notfalltechniken). Unsere Expertise umfasst Notfallmedizin, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin. Es gibt also vielfältige Möglichkeiten, sich innerhalb der Anästhesiologie weiterzuentwickeln.
- Kein Tag gleicht dem anderen: Heute OP-Saal, morgen Notarztdienst, übermorgen Intensivstation – die Anästhesiologie ist facettenreich und bietet ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld. Wir sind Schlüsselfiguren in der Patientenversorgung und arbeiten interdisziplinär mit vielen Fachrichtungen zusammen.
- Durch unsere zentrale Rolle an vielen Schnittstellen des Gesundheitssystems haben wir die Möglichkeit, Abläufe aktiv mitzugestalten und die Patientenversorgung zu optimieren. Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz von KI eröffnen neue Wege, um Behandlungen effizienter und präziser zu gestalten.
Die Anästhesiologie bietet eine spannende, verantwortungsvolle und innovative Karriereperspektive – ideal für Ärztinnen und Ärzte, die eine vielseitige und zukunftssichere Fachrichtung suchen.
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Website der jungen Anästhesiologie
Prof. Dr. Alexander Schleppers ist seit 2004 Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA). Er studierte Humanmedizin an der RWTH Aachen und der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main und erwarb den Abschluss als Gesundheitsökonom (ebs) an der European Business School in Oestrich-Winkel. 2001 wurde er Facharzt für Anästhesiologie und habilitierte sich 2006 am Universitätsklinikum Mannheim.